Kapitel X
Tatsachen, denen wir ins Auge sehen müssen
Wie wir Rußland in die Hände gespielt haben
General Dwight D. Eisenhower sagte bei einer Pressekonferenz in London, daß die Russen "gern lachen." Im Hinblick auf die Art und Weise, wie wir ihnen in die Hände gespielt haben und auf ihre Täuschungen hereingefallen sind, können sie das auch.
Die Dinge sind bereits so weit gediehen, daß uns in allem Ernst gesagt wurde, daß wir die Russen und ihre Regierung nicht kritisieren dürfen; doch diejenigen, die das sagten, hatten keinerlei Hemmungen, alles amerikanische zu kritisieren und gaben sich nicht die geringste Mühe, die sowjetische Kritik uns gegenüber zu stoppen.
Im März 1945 hatten die GIs in Deutschland den offiziellen Befehl erhalten, keine unvorteilhaften Bemerkungen über die Roten zu machen.[1] Typisch für unsere unamerikanischen Bemühen, Kritiken zu unterdrücken, war im April 1946 die AMG Zensur eines Briefes von einem katholischen Bischof, der dazu aufrief, der Mißhandlung der Deutschen durch Zwangsarbeit und Vertreibung Aufmerksamkeit zu schenken. Wir verbaten das Vorlesen des Briefes in Kirchen, weil es Rußland beleidigen könnte.[2] Sozialdemokraten und anderen deutschen politischen Parteien war es nicht erlaubt, die kommunistische Partei zu kritisieren, weil dadurch Rußland weniger Grund gegeben werde, sich beleidigt zu fühlen.
Wir müssen erkennen, daß sowohl mit Nationen als auch mit Menschen, die keine Kritik vertragen und die sich über jeden Vorwurf erhaben fühlen, etwas ernstlich falsch ist, und daß ebenfalls mit den Menschen etwas nicht in Ordnung ist, die sich dem fügen.
Rußland verdient nicht nur Kritik, sondern Verurteilung. 1939 sagte Stalin zu der kommunistischen Partei Rußlands, sie müsse sich vor uns in acht nehmen, weil wir "Spione, Mörder und Zerstörer" in die Sowjetunion schicken würden. Tatsache ist jedoch, daß die Sowjetunion ihre Spione, Mörder und Zerstörer, wie in alle anderen, so auch in dieses Land gesandt hat, wo sie die Regierung infiltrierten und Hunderte von Schlüsselpositionen innehaben, in unseren Räten sitzen und sogar dabei helfen, unsere Außenpolitik zu gestalten.
Die Russen müssen sich ins Fäustchen lachen über die Art und Weise, in der wir diese heimtückische Fünfte Kolonne verhätscheln. Im Gegensatz dazu, erschießen die Roten jeden in Rußland, der ihren Argwohn erregt und von dem sie annehmen, daß er Einfluß von außen hereinbringen könnte.
In dem kanadischen Spionage Prozeß wurde sowohl durch direkte Aussage als auch durch dokumentarische Beweise festgestellt, daß "die Auflösung der Kommunistischen Internationale wahrscheinlich die größte Farce der Kommunisten in den letzten Jahren war" und daß "nur der Name gestrichen wurde in der Absicht, die öffentliche Meinung in den demokratischen Ländern zu beruhigen. In Wirklichkeit existiert die Komintern noch und arbeitet weiter." Kommunistische Insider wurden von ihren Höheren Tieren hinsichtlich Britannien und der Vereinigten Staaten gewarnt: "Gestern waren sie unsere Verbündeten, heute sind sie unsere Nachbarn, morgen werden sie unsere Feinde sein." Es stellte sich auch heraus, daß "in Rußland bei Unterhaltungen mit Propagandisten und sogar in der Presse viel Propaganda gemacht wird.. Es geschieht, um das Volk zu dem Gedanken zu erziehen, daß es noch einen Krieg führen müsse, und daß dieser dann möglicherweise unser letzter Krieg sein wird."[3]
In Deutschland haben wir erlaubt, daß die Komintern ihre Agenten in die AMG und die von uns eingerichteten örtlichen deutschen Regierungsapparate einschleust. Zeitungen in unserer Zone tendieren zum Kommunismus, zumeist weil als erstes frühere Anti-Nazi-Talente für die Arbeit bei der Presse freigestellt wurden, und zwar durch Emigranten aus Deutschland mit Links-Neigung, die von der AMG für die Überprüfungen eingesetzt worden waren.[4]
Im Mai 1946 stellte sich heraus, daß das Außenministerium mit Hilfe des FBI eine Säuberungsaktion durchgeführt hatte, während der Hunderte von pro-sowjetischen Angestellten entlassen wurden.[5] Einige Zeit später, als der Chef des Departments, Mr. Byrnes, gefragt wurde, warum gewisse andere nicht entlassen worden seien, obwohl sie identifiziert worden waren, erwiderte dieser, daß es nicht ratsam sei, das zu tun, während wir uns in einem ernsthaften Kampf mit der Sowjetunion befinden.[6]
Seine Entschuldigung war ein stillschweigendes Eingeständnis dafür, daß er wußte, daß diese Männer Agenten der Sowjetregierung waren und daß der Kreml ärgerlich werden könnte, wenn wir diese Lumpen bekanntmachen würden.
Es gibt keinen einleuchtenden Grund, warum wir Rußland und seine Fünfte Kolonne irgendwie anders behandeln sollten, als wir Nazi-Deutschland und seine Fünfte Kolonne behandelten. Der einzige wichtige Unterschied zwischen den beiden im Hinblick auf die Bedrohung unseres nationalen Friedens und unserer Sicherheit, ist, daß die sowjetische Fünfte Kolonne weitaus stärker und tiefer eingewurzelt ist, als es diejenige der Nazis jemals war. Wenn es in unseren Augen richtig war, die Nazis so zu zerstören, wie wir es taten, ohne Rücksicht auf Hitlers Gefühle, wäre es nur recht, mit ebensolcher Entschlossenheit und Wirksamkeit die Kommunisten in unserer Mitte zu zerstören, ohne Rücksicht auf Stalins Gefühle, weil sie alle potentielle Verräter und Saboteure sein würden, falls wir mit Rußland in ernsthafte Schwierigkeiten geraten sollten.
Eine der kostspieligsten Konsequenzen der sowjetischen Infiltration unseres Außenministeriums, war die Annahme der raffinierten Vorschläge in Jalta und Potsdam. Diese schließen ein: Teilung Deutschlands in Zonen, jede durch eine andere Macht besetzt; den Alliierten Kontrollrat, mit der Klausel, die Einstimmigkeit bei allen Entscheidungen vorschreibt, mit dem bereits dargelegten katastrophalen Ergebnis; von Deutschland verschiedenartige Reparationen zu verlangen; das Zwangsarbeitersystem; die erzwungene Vertreibung von Deutschen aus verlorenen deutschen Gebieten, Polen, Ungarn und der Tschechoslowakei. Die in Potsdam akzeptierten territorialen Abmachungen und Pläne, waren alles solche, auf denen Rußland bestanden hatte. Französische Forderungen wurden offengelassen. Die Idee eines langen Waffenstillstands für Deutschland, wenn sie auch nicht direkt von Rußland kam, würde ganz bestimmt in Rußlands Hände spielen.[7]
In den Tagen zwischen Teheran und Potsdam, waren Britannien und die Vereinigten Staaten, zum großen Teil Dank Mr. Roosevelts unglücklichem "Großen Entwurf" und dem Einfluß der Roten in der Regierung, eifrig bemüht, jede sowjetische Idee zu übernehmen und jeden sowjetischen Plan für Deutschland gutzuheißen. Wenn auch schwer im Krieg verwickelt, fanden die Gehirne im Politbüro die Zeit, ein Programm auszuarbeiten, das den größtmöglichen Vorteil aus der Beflissenheit der Westmächte zog. Seitdem haben sie diesen Vorteil stetig wahrgenommen, und wir mußten die Folgen tragen.
Wir haben Rußland sogar dabei geholfen, sowohl direkt als auch indirekt, seine Macht über Osteuropa und dem halben Deutschland auszudehnen. Anstatt Churchills Rat zu folgen und Deutschland durch den Balkan anzugreifen und dadurch Rußland Eroberung und Besetzung zu verhindern, stellten wir uns an die Seite Rußlands und beschlossen, den Angriff über den Englischen Kanal durchzuführen. Als die Russen in den Balkan einströmten und in Österreich und Deutschland, saßen sie in amerikanischen lend-lease (Leih-Pacht) Lastern, Jeeps und Flugzeugen. Seitdem haben wir ihre brutale Herrschaft durch solche Einrichtungen wie die UNRRA gefördert. So schnell wir konnten, brachten wir Hilfsgüter in diese Gebiete, und Rußland hat einen entsprechenden Teil davon für sich genommen und nimmt den Dank für etwas in Anspruch, das wir hineingebracht haben.[8] In Deutschland übergaben wir den Russen sogar unsere Druckplatten für Geld und erlaubten ihnen, Milliarden von Besatzungs-Mark zu drucken, die wir ursprünglich einlösen sollten, und das wahrscheinlich auch tun werden. Jedoch die ganze Hilfe, eingeschlossen die elf Milliarden Dollar an lend-lease (Leih-Pacht) Geschenken, wurden vom Kreml ignoriert, der sich unseren vitalsten Interessen ungeniert weiterhin in den Weg stellt.
Wir hätten es besser wissen müssen
Zusätzlich zu all dem, wie Dorothy Thompson es gut ausgedrückt hat: "Mr. Morgenthaus phantastisches Konzept war die Grundlage der 'Prinzipien' für das Potsdamer Programm, das direkt in die Hände der Sowjets spielte."[9] Mit anderen Worten, der Morgenthau-Plan war maßgerecht für den Kreml gemacht.
Als wir nach Jalta, Rußland, mit einem sogenannten Friedensplan kamen, der Rache und Zerstörung eines Handelskonkurrenten verlangte, sah es die Gelegenheit, ergriff sie und verwandelte das ganze Programm zu seinem Vorteil und auf unsere Kosten.
Wenn auch der Plan verspricht, einer unruhigen Welt die Segnungen von Frieden und Wohlstand zu bringen, hätten wir uns nur die Mühe machen sollen, die Vorschläge im Licht von Mr. Morgenthaus eigenen Prinzipien zu analysieren, die er in anderen Verbindungen und bei anderen Gelegenheiten ausgedrückt hatte, weil wir dann sofort festgestellt haben würden, daß er nur eine Katastrophe bringen konnte.
Mr. Morgenthau, der Finanzminister, der sich um Annahme des Bretton Woods Fund and Bank Plans bemühte, vertrat die These, daß "Wohlstand, wie Frieden, unteilbar ist." Und als er sich später für das Darlehn an Britannien einsetzte, sprach er ausführlich über dieses Prinzip. Dies sind seine Worte:
Wenn wir aus der schrecklichen Erfahrung des Krieges nichts anderes gelernt haben, sollten wir zumindest gelernt haben, daß wir in einer integrierten Welt leben, die nicht verbessert werden kann. Es ist eine Welt, die nicht halb Sklave und halb frei sein kann, noch halb kriegführend und halb in Frieden lebend. Noch kann sie existieren als halb wohlhabend und halb verarmt. Alle müssen daran beteiligt sein, wenn überhaupt jemand sich daran erfreuen soll. Unser eigener Lebensstandard kann sich nicht verbessern und auf hohem Niveau bleiben, ohne zunehmenden Wohlstand überall in der Welt. Wie ich bereits vorher feststellte, kann Wohlstand nicht in Teile zerlegt werden, alle müssen daran teilhaben oder mit der Zeit werden alle ihn verlieren.[10] (Betonung hinzugefügt)
Der Gegensatz zwischen diesen Lehrsätzen und der absichtlichen Verarmung irgendeiner Nation ist unvereinbar und offensichtlich. Mr. Morgenthau verbreitet diese Ideen als universelle Prinzipien, die ohne Ausnahme auf alle Länder angewandt werden können. Wenn sie wirklich benutzt werden könnten, um die Opferbereitschaft zu stärken und ein Land, Britannien, auf die Füße zu bringen, um Frieden und Wohlstand in der Welt zu stärken, so führen sie in gleichem Masse zu der Schlußfolgerung, daß ein Programm, daß die dauernde Verarmung irgendeines führenden Landes vorsieht, Deutschland nicht ausgenommen, die ganze Welt in einen wirtschaftlichen Schlammassel stürzen würde.
Mr. Morgenthau ist jedoch nicht der einzige, der sich auf diese Weise durch seine eigenen Prinzipien kompromittiert. Mr. Bernard Baruch, wohlbekannter Berater von Präsidenten, war gleichzeitig auch ein Eine-Weltler und unversöhnlicher Befürworter der Umwandlung Deutschlands in ein Armenhaus. Als der Krieg in Europa dem Ende zuging, war Mr. Baruch, der seine Zuhörer als "Mitbürger der Welt" zu begrüßen pflegt, in London, wo er A. Victor Lasky, einem Mitarbeiter von Stars and Stripes, ein Interview gab. Indem er seine Gegenwart in der britischen Hauptstadt erklärte, sagte Baruch, Lasky zufolge:
Und ein Grund, warum ich hier bin, ist, einen dicken Knüppel über den großen Burschen zu schwingen, um verdammt sicherzustellen, daß sie den Frieden nicht versauen. Wir müssen Deutschland und Japan ent-industrialisieren - zumindest für die Dauer einer Generation - um dafür zu sorgen, daß diese subventionierten Sklavenarbeit-Länder die Welt nicht wieder mit ihren billigen Produkten überschwemmen....[11]
Dies war Mr. Baruchs Art zu sagen, daß er in Übersee war, um aufzupassen, daß Deutschland für immer als Konkurrent auf dem Weltmarkt ausgeschaltet war.
Baruch erklärte nicht, aus was der "dicke Knüppel" bestand, den er über den großen Burschen schwang, jedoch machte er im darauffolgenden Juni vor dem Komitee für militärische Angelegenheiten des Senats sehr klar, was seiner Meinung nach mit dem Reich geschehen solle. Er sagte, daß es nicht genüge, nur ein "wirtschaftlich schwaches" Deutschland zu verlangen, sondern daß das Programm, Deutschland zu schwächen, "ausreichend spezifisch sein müsse - Industrie nach Industrie - so, daß alle Besatzungsmächte wissen, daß sie in derselben Sache übereinstimmen." Vor allem, sagte er, müßten Reparationen in deutscher Arbeitskraft bezahlt werden, anstatt die Industrie des Landes wiederaufzubauen, damit es die Reparationen durch Exporte aus der gegenwärtigen Produktion bezahlen könne. Deutschlands "Möglichkeiten zum Kriegmachen müssen ausgeschaltet werden. Viele Fabriken müssen nach Osten und Westen in freundliche Länder verschickt werden; die ganze Schwerindustrie muß zerstört werden; die Güter der Junker müssen aufgeteilt werden; die Exporte müssen strengstens kontrolliert und deutsche Vermögenswerte und Geschäftsorganisationen überall in der Welt mit der Wurzel ausgerissen werden."
Dieses Programm der Verarmung sowie das von Mr. Morgenthau, sind sich natürlich sehr ähnlich. Mr. Baruch gibt offen zu, daß es sein Ziel ist, Deutschland als Handelskonkurrenten auszuschalten; Mr. Morgenthaus Programm enthält stillschweigend die gleiche Zielsetzung. Die Menschen waren entsetzt, wenn erzählt wurde, daß der ältere Rockefeller die Raffinerien von Konkurrenten niederbrannte, wenn er sie nicht auf andere Weise zerstören konnte. Um wieviel abscheulicher sind diese Absichten, die Wirtschaft einer ganzen Nation aus ähnlichen Gründen zu zerstören! Konservative Führer, die ihren Einfluß auf diese Weise benutzen, bereiten die Grundlage vor für wirksame Kritik an der kapitalistischen Moral, oder deren Fehlen, und schwächen die Basis für eine Verteidigung des Profitsystems. Da der Eine Welt These zufolge Wohlstand "von allen geteilt werden muß, wenn sich überhaupt jemand daran erfreuen soll" und "alle daran beteiligt werden müssen oder alle ihn mit der Zeit verlieren werden," würde der Morgenthau-Baruch Plan nicht nur Deutschland verarmen, sondern Europa und die ganze Welt, die Vereinigten Staaten nicht ausgenommen, und darum vermutlich ebenso die Herren Baruch und Morgenthau.
Die Morgenthau-Baruch Vorschläge waren die offizielle Politik unserer Regierung, die sich gleichzeitig zu den Eine-Welt-Prinzipien verpflichtet hatte. Als Ergebnis dessen, waren unsere führenden Beamten, in dem Bemühen, diese sich gegenseitig ausschließenden Theorien aufrechtzuerhalten, gezwungen, wie Mr. Morgenthau, sich auf absurde Art selbst zu widersprechen. Zum Beispiel sagte Mr. Truman, während er für die Verarmung Deutschlands entsprechend der Morgenthau-Baruch Linie eintrat, in Soldiers Field in Chikago:
Wir werden daran arbeiten, gleiche Möglichkeiten im Welthandel zu schaffen, weil geschlossene Wirtschaftsblöcke in Europa oder irgendeinem anderen Platz in der Welt nur zu Verarmung oder Isolierung der Menschen führen können, die ihn bewohnen. Wir werden Druck ausüben zur Entfernung künstlicher Schranken für die internationale Schiffahrt, damit keiner Nation wegen ihrer zufälligen geographischen Lage uneingeschränkter Zugang zu Seehäfen und internationalen Wasserwegen verwehrt werden kann.
Später sagte er in derselben Rede:
Wirtschaftliches Elend, überall in der Welt, ist fruchtbarer Boden für gewaltsamen politischen Aufruhr.[12]
Durch die Fortsetzung unserer Politik, wirtschaftliches Elend in Deutschland zu schaffen, würden wir fruchtbaren Boden für den Kommunismus bereiten. Soviel gibt Mr. Truman hier zu.
In seiner Rede in Stuttgart widerspricht sich Mr. Byrnes auf ähnliche Weise, weil er versucht, das ursprüngliche Programm der Ent-Industrialisierung und Ent-Nazifizierung zu rechtfertigen, was heißt, Deutschland in Armut zu halten, und zur gleichen Zeit sagt er:
Wir haben gelernt, ob es uns gefällt oder nicht, daß wir in einer Welt leben, in der wir uns nicht abkapseln können. Wir haben gelernt, daß Frieden und Wohlstand unteilbar sind.
Bevor wir die Achtung der Welt gewinnen können und auf dem rechten Weg zu wirklichem Wohlhaben und Wohlbefinden sind, müssen wir die gesamte Morgenthau und Potsdam-Vergiftung aus unserem Denken und unserer offiziellen Politik auslöschen.
Deutschland, das Herz Europas
Wir müssen die feststehende Tatsache, daß Deutschland, auf dem das Wirtschaftsleben dieses Kontinents beruht, das Herz Europas ist, ernst nehmen, und daß, wenn wir dieses Herz zum Stillstand bringen, ganz Europa sterben muß. Wir müssen uns ebenfalls darüber klar sein, daß jeder Rückgang des deutschen Lebensstandards, auch den Standard anderer europäischer Länder senken würde, daß, wenn man sie alle auf das gleiche Niveau bringt, das allgemeine Verarmung bedeuten würde, was wiederum den Fortschritt auf Jahrhunderte hinaus zunichte machen würde.
Trotz der anderswo ausgedrückten Eine-Welt-Prinzipien, schreibt Mr. Morgenthau in seinem Buch Deutschland ist unser Problem:
In Wirklichkeit gibt es keine "europäische Wirtschaft," gewiß nicht in dem Sinne, wie es eine Wirtschaft der Vereinigten Staaten gibt. Etwa 30 Länder in Europa haben getrennte Wirtschaften, und auch eine Vielfalt davon. (S. 31)
Er argumentiert sachlich, daß "ein starkes Europa besser sei, als ein starkes Deutschland," so als seien diese beiden entgegengesetzt, und besteht darauf, daß eine Schwächung Deutschlands und Verringerung seines Außenhandels besser seien für europäischen Wohlstand. Er sagt:
Vor dem I. Weltkrieg hatte Deutschland 12 Prozent des internationalen Handels in der Welt. Bis 1920 fiel der Anteil auf 10 Prozent, und 1937 waren es etwas mehr als 8 Prozent. Die Welt würde nichts verlieren, wenn Deutschland auf 2 oder 3 Prozent fallen und sein Anteil von anderen Nationen übernommen würde. (SS. 71-2)
Kurz gesagt, wenn es Deutschland betrifft, findet Mr. Morgenthau Außenhandel vollkommen unwichtig, wenn dagegen andere Länder betroffen sind, erhält Außenhandel einmalige Wichtigkeit.
In einer Äußerung gegenüber dem Small Business Komitee des Senats sagte Mr. Morgenthau am 20. April 1945:
Unsere Ausfuhren scheinen nur einen kleinen Teil unserer Gesamtproduktion auszumachen. Sie sind jedoch trotzdem äußerst wichtig.... Sie stellen die Differenz zwischen Wohlstand und Flaute sowohl für Landwirtschaft als auch Industrie dar.
Am 26. Februar 1945 sagte er im Economic Club von Detroit, als er auf eine Erhöhung unserer Exporte auf eine Million Autos drang:
Wir können ein solches Handelsniveau nur erreichen, wenn sowohl die Produktionen als auch der Verbrauch aller Länder erweitert und nicht nur wieder auf das alte Niveau gebracht werden.
Solche Darstellungen zeigen, daß Mr. Morgenthau, wenn er die Dinge nur durchdenken würde, entweder seine Vorschläge, das Reich zu verarmen und dessen Handel mit der übrigen Welt zu zerstören, oder aber die Eine-Welt-Prinzipien aufgeben muß.
Britanniens Erfahrung beweist deutlich die Wichtigkeit Deutschlands für die europäische Wirtschaft. Zunächst geriet es unter den Einfluß derer, die sich für die Verarmung Deutschlands einsetzten, angeblich, um einen anderen Krieg zu verhüten, jedoch in Wirklichkeit, um das Reich als Handelskonkurrenten auszuschalten und es in einen Markt für die Produkte zu verwandeln, die es vorher exportiert hatte. Als Großbritannien jedoch sah, daß Deutschland einer Katastrophe gegenüberstand und Europa mit hineinziehen würde, änderte es seine Haltung teilweise, um zu verhüten, was "einem sich selbst aus Gehässigkeit die Nase abschneiden nahe kam." Weil es schließlich erkennen mußte, daß eine Zerstörung Deutschlands, um eine Konkurrenz deutscher Exporte mit den eigenen zu verhindern, gleichzeitig einen großen Verlust von Verkäufen englischer Waren an Deutschland bedeuten würde. Wie Premierminister Attlee zum U.S.-Kongreß sagte, "Wir können keinen Wohlstand zu Hause haben mit einer Hölle draußen."
Man spürte den deutschen Zusammenbruch überall. Schweden äußerte offiziell Besorgnis über die Tatsache, daß es nicht in der Lage sei, den üblichen Handel mit Deutschland durchzuführen, was schädliche Konsequenzen sowohl für sich selbst als auch für Deutschland nach sich ziehe.[13] Auch Holland wurde hart getroffen, weil es Nahrungsmittel und Brennstoff exportieren mußte, während das Land selbst ohne auskommen mußte. Holländische Bauern tauschten üblicherweise Nahrungsmittel gegen deutsche Düngemittel, den es jetzt nur zu hohen Preisen von Herstellern mit hohen Preisen erhalten kann. Holland erhielt üblicherweise Gebühren für die Durchfahrerlaubnis von Gütern aus Deutschland nach anderen Ländern: Nun ist dieser Handel und seine Profite durch die Unterdrückung des deutschen Handels vorbei. Deutschland und Holland tauschten allgemein die Güter aus, die in jedem Land am besten hergestellt wurden. Das brachte deutsche Maschinen, Werkzeuge und Instrumente in holländische Fabriken, auf holländische Bauernhöfe und auf Eisenbahnen. Durch den Herstellungsstopp im Reich, können solche Einrichtungen nicht mehr ersetzt oder auch nur repariert werden. Wie ein Beobachter es ausdrückt:
Die Ent-Industrialisierungsverordnungen wurden seitens minder befähigten Interessen der Vereinten Nationen, insbesondere Englands, ermutigt, das aus der für Deutschland ausgesprochenen Todesstrafe Nutzen zu ziehen hofft. Die Niederlande und andere Länder können das, was sie von Deutschland erhielten, nicht mehr bekommen.[14]
In London sagt ein Telegramm von der Associated Press, "Ernährungsminister aus 17 europäischen Ländern wandten sich an das besiegte Deutschland als mögliche Quelle für Kohle und Düngemittel, die beide dringend benötigt werden, um eine Hungersnot zu vermeiden."[15]
Der London Economist zeigte tiefe Besorgnis und sagt:
Die Wahrheit ist, daß der Wohlstand Westeuropas zum großen Teil von der Existenz einer in großer Fülle produzierenden industriellen Konzentration an der Ruhr abhing. Diese in großen Mengen produzierende Maschinerie ist nun fast vollständig stillgelegt und die ganzen westlichen Nachbarn Deutschlands haben die Konsequenzen zu tragen.
Zu sagen, daß der Ruin Deutschlands der Ruin Europas ist, würde in Rußland nicht mehr als einen Seufzer der Erleichterung darüber hervorbringen, daß beide zusammen geschwächt sind. Die amerikanische Haltung ist schwerer zu verstehen.[16]
Die Chicago Sun sagte im Leitartikel:
Es ist gute Geschäftspraxis - schlicht gesagt, nüchterner gesunder Menschenverstand - für jeden Großhändler, seinem besten Kunden wieder auf die Beine zu helfen, wenn dieser Kunde in finanziellen Schwierigkeiten ist. Wenn der Kunde eine ganze Nation ist, wird die Notwendigkeit um so größer.[17]
Dies wurde natürlich in Verteidigung eines Darlehns an Britannien gesagt, aber dieselbe Logik bezieht sich genauso auf Deutschland, das einmal einer unserer besten Kunden war.
Mr. Byrnes sagte in Paris: "Die wirtschaftliche Wiederbelebung Deutschlands ist für das Wohlbefinden Europas unbedingt erforderlich."
Wie Molotow in Paris, gab er in Stuttgart zu, daß Deutschland die industrielle Werkstatt Europas ist.
Um es zu wiederholen, wir müssen uns klar darüber sein, daß wir nicht mit unseren ursprünglichen Praktiken Deutschland gegenüber fortfahren können, ohne zu riskieren, Deutschland zu verarmen und, als Konsequenz daraus, Europa und die ganze Welt.
Die Frage der Kriegsschuld
Mr. Morgenthau, dessen Ideen über das Thema sich mit den offiziellen Ansichten der Vereinten Nationen decken, basiert seinen ganzen Fall, Deutschland in ein Armenhaus zu verwandeln, auf der These, daß Deutschlands Kriegsbegierde der alleinige Grund für beide Weltkriege war. "Der Wunsch nach Krieg," schreibt er in seinem Buch, "war im Deutschen so fest programmiert, wie im Amerikaner der Wunsch nach Frieden." Der bloße Wille für Krieg, verbunden mit einer Verschwörung, die Welt zu erobern, sagt er, wurde seit fast zweihundert Jahren im deutschen Volk intensiv genährt und würde wahrscheinlich weitere zweihundert Jahre brauchen, um es auszurotten. Darum, argumentiert er, ist der einzige Weg, Deutschland daran zu hindern, bei nächster Gelegenheit wiederum den Frieden der Welt zu stören, diese Gelegenheit zu verhindern, und das kann am besten dadurch geschehen, es bis zu einem Punkt zu schwächen, an dem es, sogar wenn es wollte, keinen Krieg anfangen kann.[18]
Die Rechtmäßigkeit dieses ganzen Programms, und darum von Potsdam, steht oder fällt mit dieser Voraussetzung. Wenn es irgendeinen Zweifel an seiner Stichhaltigkeit oder Vollständigkeit gibt, muß der gleiche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Plans erhoben werden.
Ohne zu versuchen, das Thema erschöpfend zu behandeln, unterbreiten wir folgenden Beweis, der dazu angetan ist, Zweifel an der Genauigkeit der Voraussetzung zu wecken und damit an der Gerechtigkeit unserer Behandlung des deutschen Volkes.
Wir wollen uns wieder einmal Mr. Morgenthau bei anderer Gelegenheit zuwenden. Am 7. März 1945, sagte er zum House Committee on Banking and Currency:
Machtpolitik .... ist zu einem Vorwurf in der Welt geworden.... Die Vereinten Nationen hoffen, es von der Erde verschwinden lassen zu können. Aber Machtwirtschaft könnte genauso gefährlich sein, weil, wenn sie auch nicht die Wurzel allen Übels in internationalen Angelegenheiten sein mag, ist sie doch zumindest ein häufiger Grund für Konflikte. Der Gesetzentwurf, der diesem Komitee vorliegt, ist unsere beste Hoffnung, daß dieser ebenfalls verschwindet.
Wir können nicht sagen, daß wir uns mit den anderen Nationen in einer Organisation zusammenschließen werden, um den Frieden zu erhalten, wir werden jedoch dabei helfen, eine der gefährlichsten Ursachen für Krieg - wirtschaftliches Durcheinander zu beseitigen.[19]
Wirtschaftliches Durcheinander ist schwerlich dasselbe, wie der in der Widernatürlichkeit der Natur der Deutschen begründete "Wille zum Krieg."
Drei Monate später sagte Mr. Morgenthau zum Banken und Währungskomitee des Senats:
Frieden ist mehr als ein politisches Problem. Es ist eine komplizierte Struktur, die nur auf einer soliden Grundlage von wirtschaftlicher Ordnung und Wohlstand in allen Ländern aufgebaut werden kann. Frieden und Wohlstand sind zwei Seiten desselben Problems. Wir können das eine nicht vernachlässigen, ohne das andere zu gefährden. Wenn Frieden Bestand haben soll, muß es Arbeitsplätze und Hoffnung auf eine wirtschaftliche Verbesserung geben.
Internationale geldliche und finanzielle Probleme waren seit Generationen eine Quelle für Konflikte. Wir müssen dafür sorgen, daß sie nach diesem Krieg nicht wieder die Basis für neue Konflikte werden.[20]
Mr. Morgenthau selbst zufolge, waren daher sowohl das Fehlen von Wohlstand und Hoffnung auf finanzielle Verbesserung als auch internationale geldliche und finanzielle Probleme, zumindest teilweise für den kürzlichen Krieg verantwortlich, nicht nur Deutschlands Begierde für Krieg, wie er in seinem Buch behauptete.
Zur Handelskammer von St. Louis sagte er:
Nach dem letzten Krieg wurden inoffizielle Versuche unternommen, Währungen zu stabilisieren, jedoch ohne Erfolg .... Wettbewerbsbetonte Herabsetzung der Währungen führte zu anderen Formen von Wirtschaftskrieg ... Neue Währungstricks begrenzten und belasteten den Handel. Sie müssen sicherlich auch als Mitursachen angesehen werden, die zu der großen Depression beigetragen haben. Und sie waren die erste Phase zu dem tragischen Krieg, in den wir nun verwickelt sind.[21]
Mr. Vinson, Mr. Morgenthaus Nachfolger als Finanzminister, gab seiner Ansicht über die Ursachen des Krieges mit diesen Worten Ausdruck:
Wir haben die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Probleme unter den Nationen, die uns zweimal innerhalb unserer Generation zum Krieg brachten. Die Lösung dieser Probleme ist für länger anhaltenden Wohlstand und für einen dauerhaften Frieden notwendig.[22]
Die Lösung solcher Probleme zur Verhinderung von Kriegen, ist weit entfernt von unseren ursprünglichen Praktiken, den Frieden durch die Umwandlung Deutschlands in ein Weideland für Ziegen zu erhalten.
Herbert E. Gaston, Stellvertretender Finanzminister, sagte in einer veröffentlichten Rede:
Es war fast nur wegen des kranken Zustandes des Außenhandels, daß wir kaum aus der letzten Depression herauskamen, als der Krieg uns überraschte.[23]
Und bei anderer Gelegenheit sagte er:
Es scheint so, daß sogar vor Beginn des gegenwärtigen Krieges durch Deutschlands Angriff auf Polen, wir keinen politischen Frieden haben konnten ohne wirtschaftlichen Frieden, und daß wirtschaftlicher Frieden und blühender Welthandel nicht möglich waren, es sei denn unter der Bedingung von währungspolitischem Frieden.[24]
Daß die meisten Kriege, der letzte eingeschlossen, durch wirtschaftliche Störungen und einem daraus resultierenden "kranken Wachstum" entstanden sind, um eine Formulierung des verstorbenen Lord Keynes zu benutzen, ist eine Binsenwahrheit, die niemand leugnen kann. Solche Störungen und die Ergebnisse daraus, sind nicht dasselbe wie Menschen; Menschen sind die Opfer. Darum ist es falsch, Menschen für die Kräfte verantwortlich zu machen, die ihr Verhalten verursachen. Wenn Völker in eine solche Falle stürzen, durch die ihre gesamte Existenz bedroht ist, werden sie, wenn irgendeine Möglichkeit dafür besteht, ihren Weg daraus erkämpfen. Sie werden kämpfen, wenn es auch selbstmörderisch erscheinen mag. Weil die meisten Völker es vorziehen, kämpfend zu sterben, als träge zuzusehen. Ein solches Verhalten mag falsch sein, es ist jedoch die Art und Weise, in der Völker sich über viele Tausende von Jahren verhalten haben, und die Möglichkeit besteht, daß sie es weiter tun werden.
Die Briten selbst haben festgestellt, daß Friedensbedingungen oft schwerer zu ertragen waren, als Krieg. Wann immer das Gleichgewicht der Kräfte in Europa gestört ist, so daß der Kontinent beginnt, von einer seiner Mächte beherrscht zu werden, betrachtet Britannien das als eine Bedrohung seiner Existenz und beginnt einen Krieg, um sich zu schützen. Eine der besten und zuverlässigsten Analysen des Themas, erschien 1943 in der September-Ausgabe der halboffiziellen Veröffentlichung The Nineteenth Century and After [Das Neunzehnte Jahrhundert und Danach] von dem Herausgeber, Mr. F.A. Voigt. Dies sind sachbezogene Auszüge:
Es ist modern, das Gleichgewicht der Kräfte als eine veraltete Lehre abzutun. Es ist keine Lehre. Es ist, für Großbritannien und das Empire die stetige Voraussetzung zum Überleben. Jede Macht, die unbestrittener Herr des europäischen Festlands wird, kann Herr der Britischen Inseln werden....
England hat keinen dauernden Feind in Europa, und keine seiner lebensnotwendigen Interessen kommen in Konflikt mit den wichtgen Interessen irgendeiner europäischen Macht. Sein einziger Feind ist diese Macht oder die Vereinigung von Mächten, die sich bemühen, Europa zu beherrschen. Um diesem Feind zu begegnen, muß es immer bereit sein, immer stark sein und immer Verbündete haben. So wie der Feind verschieden ist, müssen die Verbündeten verschieden sein. Der Feind von gestern, kann der Verbündete von morgen sein, und der Verbündete von gestern, kann der Feind von morgen sein.
Die Macht des Britischen Empires, plus der Macht der kontinentalen Alliierten, wird, wenn das Empire stark ist, immer die Macht der jeweiligen Macht, die versucht zu beherrschen, ausgleichen. Und solange dieses Gleichgewicht beibehalten wird, wird Frieden sein, weil keine einzelne Macht sich gegen den Rest Europas plus dem British Empire durchsetzen kann, solange das Empire stark ist.
Dieser einfache Mechanismus ist das Gleichgewicht der Kräfte. Es existiert durch die Kraft der unveränderlichen physikalischen Tatsachen. Weder die Liga der Nationen, noch irgendein System gemeinsamer Sicherheit, noch Entwaffnung können diese Tatsachen ändern. Sobald das Gleichgewicht der Kräfte herausgefordert wird, bricht jedes kollektive System zusammen und England muß, wenn es nicht verschwinden will, eine Gegenforderung stellen. Das geschah 1939. Der Mechanismus des Gleichgewichts wurde am 1. September desselben Jahres außer Kraft gesetzt, und dem Völkerbund wurde - was immer er an Realität besessen hatte - sofort an dem Tage entzogen, als Deutschland Polen angriff und, indem es dadurch den Mechanismus zerstörte, den Zweiten Weltkrieg auslöste. England kämpfte, um das Gleichgewicht zu erhalten - aus dem und keinem anderen Grunde.
Die gewöhnlich akzeptierte Ansicht, daß Deutschland Krieg begann, um die Welt zu beherrschen, ist unserer Ansicht nach falsch.
Es wollte eine Weltmacht sein, aber Weltmacht und Weltbeherrschung sind nicht dasselbe (England ist eine Weltmacht, beherrscht aber nicht die Welt). Hitler wäre froh gewesen, wenn er die Welt mit den Engländern hätte teilen können ... Wenn England neutral geblieben wäre, hätte er Erfolg gehabt. Aber England wäre ihm dann auf Gnade oder Ungnade ausgeliefert gewesen, oder der seines Nachfolgers - in jedem Fall der deutschen Nation ... Nichts hätte England vor der Zerstörung retten können - ausgenommen der gute Wille der Deutschen....
Aus diesem Grunde ging England 1939 in den Krieg. Um zukünftig ein ähnliches Schicksal zu vermeiden, muß das Gleichgewicht immer beibehalten werden. Die politische Anschauung derjenigen, die das Gleichgewicht halten, ist vollkommen unwichtig... das Wesen des Friedens muß sich nach den bestehenden Verhältnissen der europäischen Situation richten, nicht nach vorübergehenden Phänomenen wie Faschismus, Nationalsozialismus, Sozialismus oder Kommunismus. Die außerordentliche Stärke Deutschlands muß verringert werden und muß so gehalten werden. Ein despotisch regiertes Deutschland, das nicht zu stark ist, ist besser, als ein liberales Deutschland, das zu stark ist ... Es ist jedoch ... wichtig, daß die Schwächung Deutschlands eher relativ, als absolut sein muß.[25]
Dies erklärt die den beiden Weltkriegen zugrunde liegenden Ursachen, die sich von denen von Mr. Morgenthau sehr unterscheiden. Es erklärt Britanniens Interessen an den Potsdamer Erklärungen, eingeschlossen die Ent-Industrialisierung und Ent-Nazifizierung sowie die Gründe hinter Britanniens gegenwärtigem Widerstand Rußland gegenüber, das wiederum, genau wie Deutschland, droht, das europäische Gleichgewicht zu stören. Sie bestreitet die These, daß das deutsche Volk und seine Querköpfigkeit allein für den Krieg verantwortlich seien und entsprechend bestraft werden müsse
Es stellt auch eine ganze Reihe ansonsten unerklärlicher Episoden klar, die mit dem Krieg und dessen Ausbruch in Verbindung stehen. Es zeigt, warum Britannien, angeblich weil es gegen einen Angriff war, in den Krieg ging, diese Taktik jedoch nur gegen Deutschland und nicht gegen Rußland richtete, als dieses zusammen mit Deutschland Polen angriff. Es erklärt die Gründe für das Geheimprotokoll, das der Garantieerklärung für Hilfe seitens England und Frankreich beigefügt war, womit die Garantie nur für einen deutschen und keinen anderen Angriff gegeben wurde und auch nur darauf beschränkte. Der Teil des Vertrages, der zu der Zeit veröffentlicht wurde, gab den Eindruck, als stünde die Garantie auf moralischem Grund, gegen alle und jeden Angreifer. Der veröffentlichte Teil sagte:
Sollte eine der Vertragsmächte in Feindseligkeiten mit einer europäischen Macht verwickelt werden, wird als Ergebnis eines Angriffs durch letztere gegen eine Vertragspartei, der andere Vertragspartner der in die Feindseligkeiten verwickelten Macht alle ihm zur Verfügung stehende Unterstützung und Hilfe geben.
Wenn auch die Ausdrucksweise etwas verwickelt ist, ist der Sinn klar, daß der Hauptgesichtspunkt Abwehr gegen Angriff war, und es das war, wofür England kämpfen würde. Der deutsche Angriff auf Polen wurde als ein großer internationaler Fehler angesehen. Als aber Rußland Polen ebenfalls angriff und Britannien nichts gegen diesen Angriff vorbrachte, der auch ein brutaler Dolchstoß in den Rücken war, sondern den Krieg weiterhin nur gegen Deutschland führte, wurde es vielen Beobachtern klar, daß etwas mehr mitspielte, als direkt zu sehen war. Es gab einen geheimen Anhang zu dem Vertrag, der seitdem veröffentlicht wurde und der festlegt, daß "Der Ausdruck eine europäische Macht, von der in der Übereinkunft die Rede ist, sich auf Deutschland bezieht."[26]
Mit anderen Worten, Britannien nahm die Gelegenheit war, um gegen Deutschland in den Krieg zu ziehen, weil das Reich zu stark geworden war und das europäische Gleichgewicht störte. Das, vom britischen Standpunkt aus, fundamentale Problem mußte korrigiert werden, d.h. Deutschland mußte, als schützende Maßnahme, nach der Besiegung geschwächt werden. Es handelte sich hierbei nicht um Moral, sondern es ging nur um Machtpolitik und das Überleben Britanniens.
Lord Lothian, der zu der Zeit britischer Gesandter bei den Vereinigten Staaten war, sagte im März 1938, zur Zeit der österreichischen Krise:
Sollte ein anderer Krieg kommen und die Geschichte darüber jemals geschrieben werden, wird der objektive Historiker in hundert Jahren sagen, daß nicht Deutschland allein dafür verantwortlich war, sogar wenn es zuerst zuschlägt, sondern daß diejenigen, die die Welt zwischen 1918 und 1937 schlecht regierten, einen großen Teil Verantwortung dafür trugen.[27]
In seiner Kolumne schrieb Karl von Wiegand am 23. April 1944:
Im April 1939, vier Monate bevor Hitler in Polen einmarschierte, bat mich Botschafter William C. Bullitt, den ich seit 20 Jahren kannte, in die amerikanische Botschaft in Paris zu kommen. Als wir beide vor dem Kamin in seinem Büro standen, die Fenster sahen auf den Place de la Concorde, erzählte mir der amerikanische Botschafter, daß man sich für Krieg entschieden habe. Er sagte nicht, und ich fragte nicht, von wem. Er ließ mich selbst darauf schließen. Als ich sagte, daß Deutschland am Ende in die Arme Sowjet-Rußlands und den Bolschewismus getrieben werde, erwiderte der Botschafter: "Was solls. Wenn der Krieg vorüber ist, werden nicht genügend Deutsche übriggeblieben sein, die es wert wären, bolschewisiert zu werden."[28]
Einen Monat vorher, der Associated Press zufolge:
In einer seiner unverblümtesten Erklärungen erzählte Stalin der Welt, daß Sowjet-Rußland nicht in einen Konflikt hineingezogen werden wolle, mit Deutschland als "Katzenpfote", um britische und französische Kastanien aus dem Feuer zu holen.... Er sagte, der Nichteinmischungspolitik (gegen Faschismus) liege der Wunsch zugrunde, Italien, Japan und Deutschland so tief wie möglich in einen Krieg gegen die Sowjetunion zu verwickeln und dann, wenn sie alle durch den Konflikt geschwächt seien, "mit frischen Kräften auf der Bildfläche zu erscheinen" und den Frieden zu diktieren.[29]
Einen Monat, nachdem der Konflikt begann, sagte die Pravda:
Frieden und Freundschaft zwischen den U.S.S.R. und Deutschland sind auch im Interesse aller europäischen Nationen. Zustände von Besorgnis, Feindschaft und gegenseitigem Mißtrauen in Osteuropa haben nur Vorteile für Kriegsschürer, die daran gewöhnt sind, daß andere für sie die Kastanien aus dem Feuer holen. Solche Zustände wurden viele Jahre lang durch eine Politik des Aufhetzens eines Landes gegen das andere aufrechterhalten.[30]
Professor Harry Elmer Barnes sagt in einer Erwiderung auf die Behauptung von Kriegslust beim deutschen Volk:
England lag bezüglich relativer Kriegslust unter den Nationen weit in Front, während Deutschland und die Niederlande, vor Dänemark, am Ende der Liste aufgeführt waren.
Diese Schlußfolgerung wurde untermauert von Untersuchungen, wie die in der Studie von Professor Quincy Wrights A Study of War [Eine Kriegsstudie], in der gezeigt wird, daß es in der Zeitspanne von 1480 bis 1940 278 Kriege gab, in die europäische Länder verwickelt waren, deren prozentuale Beteiligung wie folgt war:
"England 28; Frankreich 26; Spanien 23; Rußland 22; Österreich 19; Türkei 15; Polen 11; Schweden 9; Italien 9; die Niederlande 8; Deutschland [eingeschlossen Preußen] 8; und Dänemark 7." [Band I, S. 221]
Pitirim Sorokin zeigt in Band III, Teil II seiner Social and Cultural Dynamics [Soziale und Kulturelle Dynamik] ebenfalls, daß vom Zwölften Jahrhundert bis 1925 der Prozentsatz von Jahren, in denen führende europäische Mächte im Krieg waren, wie folgt ist:
Land | Prozentsatz an Kriegsjahren |
Spanien | 67 |
Rußland | 46 |
Polen | 58 |
Holland | 44 |
England | 56 |
Italien | 36 |
Frankreich | 50 |
Deutschland | 28 |
Sorokin zieht daher den Schluß, "daß Deutschland den kleinsten Prozentsatz und Spanien den größten Prozentsatz an Kriegsjahren hatte." Von den führenden modernen europäischen Staaten zeigen England, Frankreich und Rußland daher fast zweimal soviel Kriegslust wie die "kriegsliebenden" Deutschen.
Prof Barnes fährt fort:
Präsident Truman drückte es gut aus, als er sagte, daß konstruktive Regierungspolitik auf Wahrheit beruhen müssen. Es ist zu schade, daß ihm niemand, bevor er nach Potsdam ging, ein wenig Wahrheit ins Ohr flüstern konnte. Es gibt kaum Aussicht, daß es einer Struktur, die 1945 vollkommen auf Lügen aufgebaut wurde, sich länger halten sollte, als die andere, die 1919 vollständig auf Lügen aufgebaut war.
Und die Wahrscheinlichkeit ist, daß die Desillusionierung nach Potsdam sich viel schneller einstellen wird, als nach Versailles. In der Zeitspanne nach 1919 mußten wir einige Jahre warten, um zuvor geheime Dokumente zu erhalten, die die Lügen während der Kriegszeit und des Friedenmachens an den Tag brachten. Jetzt sind die Tatsachen, die die Lügen aufzeigen, bereits erhältlich und müßten jedem ehrlichen und gebildeten Mensch klar sein. Das einzige, auf das wir warten müssen, ist, genug Mut zu haben, das, was heute wohlbekannt und über allem Zweifel erhaben ist, auszusprechen - kurz, zu wissen, daß ein ehrlicher Historiker in einem Massenaufwiegelungsprozeß nicht sofort als Angeklagter auf der Liste steht.[31]
Aufhetzung zum Krieg ist eine schreckliche Sache. Oliver Lyttleton, britischer Produktionsminister, sagte am 20. Juni 1944 zur Handelskammer von Amerika in London, wie von der United Press berichtet:
Japan wurde zum Angriff auf die Vereinigten Staaten in Pearl Harbor provoziert. Es ist ein Hohn auf die Geschichte jemals zu sagen, daß Amerika in den Krieg gezwungen wurde.[32]
Es steht nun fest, daß Deutschland, um einen Krieg mit den Vereinigten Staaten zu vermeiden, den Unterseebooten befahl, auf die durch Befehl von Washington durchgeführten Angriffe der U.S. Streitkräfte, auf keinen Fall zurückzuschlagen. In klarer Verletzung internationalen Rechts, wurde unseren Schiffen auf dem Atlantik zwei Monate vor Pearl Harbor befohlen, alle Schiffe der Achsenmächte, die ihnen begegnen, zu beschießen. Zu der Zeit hatte Admiral Stark eine Botschaft an Admiral Kimmel gesandt, daß "wir auf dem Atlantik im Krieg sind."
Zwei Monate nach Pearl Harbor sagte Premierminister Churchill im House of Commons:
Wenn ich die Macht der Vereinigten Staaten und ihre ungeheuren Resourcen so betrachte und errechne und fühle, daß sie jetzt mit uns drin sind, mit dem Britischen Commonwealth von Nationen, alle zusammen, wie lange es auch immer dauern mag, bis zum Tode oder zum Siege. Ich glaube nicht, daß es irgendeine Tatsache in der ganzen Welt gibt, die damit zu vergleichen ist. Davon habe ich geträumt, darauf abgezielt und dafür gearbeitet, und nun ist es eingetreten.[33]
Unser land-lease Programm [Leih-Pacht-Abkommen] war als "Friedensmaßnahme" mit dem engsten Ergebnis im Kongreß durchgedrückt worden. Senator Glass hatte jedoch den wirklichen Zweck verraten, als er sagte, er bevorzuge, Großbritannien die ganze Kriegsausrüstung, die wir erübrigen könnten, zu leihen, "um Deutschland von der Landkarte verschwinden zu lassen.[34] Er hatte den Mut zu sagen, was manche Figuren in Washington und anderswo dachten.
Hitler wurde als Verletzer internationaler Pakte und Abkommen verdammt, doch als wir lange vor Pearl Harbor Zerstörer nach Britannien schickten und später erlaubten, daß viele unserer Schiffe von britischen Offizieren kommandiert wurden, verletzten wir Teil 3, Artikel V des Aktes vom 15. Juni 1917, der vorsieht, daß es während eines Krieges, in dem die Vereinigten Staaten eine neutrale Nation sind, ungesetzlich ist, irgendein Schiff, das gebaut, bewaffnet oder als Kriegsschiff ausgerüstet ist, aus dem Zuständigkeitsbereich der Vereinigten Staaten zu schicken in der Absicht oder aus begründetem Anlaß, daß es von irgendeiner kriegführenden Nation benutzt wird. Wir verletzten ebenso die Haager Konvention, die einer neutralen Nation verbietet, einem kriegführenden Land irgendwelches Kriegsmaterial zur Verfügung zu stellen.
Es ist nicht nötig, die Beweisführung weiterzuführen. Wir haben gezeigt, daß gute Gründe bestehen, zumindest in gewissem Grade, die Anklage anzuzweifeln, daß die deutschen Menschen wegen ihrer querköpfigen Natur und ihrer Absicht und Begierde Krieg zu führen, die Alleinschuldigen am letzten Konflikt waren. Es gibt daher genügend Raum für Zweifel an der Gerechtigkeit des Potsdamer Programms, Deutschland zu lähmen und seine Menschen zu ewiger Armut zu verdammen und ebenso starke moralische Gründe für die Ablehnung des Programms.
Über "Kollektivschuld" und Propaganda
Die Sieger in jedem Krieg denken, daß sie recht haben und der Besiegte unrecht. Der letzte Krieg war keine Ausnahme. Dadurch, daß wir die Besiegten in diesem Krieg weiterhin als eine Rasse von Verbrechern behandelten und sie entsprechend bestraften, wie wir das zunächst taten, setzten wir einen äußerst gefährlichen Präzedenzfall, einen, den unsere Kinder guten Grund haben zu bedauern. Weil, wenn wir jemals einen Krieg verlieren sollten, wir nur ähnliche Behandlung erwarten könnten.
Es ist eindeutig ungerecht, die Menschen eines Landes für das, was ihre Führer taten, zu beschuldigen und zu bestrafen, insbesondere, wenn die Menschen gezwungen waren, unter einer Diktatur zu leben, die bei schwerer Bestrafung erzwingt, sich den Erlassen und Befehlen der Führung zu fügen.
Die Wahrheit ist, daß die Menschen keiner Nation in der modernen Geschichte, uns selbst eingeschlossen, jemals eine wichtige Stimme bei großen Entscheidungen hatten, sei es in einen Krieg zu ziehen oder den Rahmen für ein Friedensvereinbarungen festzulegen. Dies ist eine der größten Tatsachen, der wir ins Gesicht sehen müssen. Amerika kann keinesfalls zu einer Verbesserung im Spiel der Machtpolitik beitragen, das die Nationen der Welt in einen schrecklichen Krieg nach dem anderen gestürzt hat, bis die Menschen sich durchsetzen und darauf bestehen, daß in Friedensvereinbarungen auch Gerechtigkeit eingebracht wird.
Bevor dies jedoch erreicht werden kann, müssen sie die Fesseln von falscher Propaganda abstreifen. Diese Propaganda kommt von zwei verschiedenen Ebenen, einer höheren und einer niedrigeren. Britanniens Pose als Verteidiger der Rechtschaffenheit, während es damit beschäftigt war, das System des Gleichgewichts der Kräfte zu manipulieren, steht für die höhere Ebene. Dieser Propagandatyp wird auf den Punkt genau von dem verstorbenen John Maynard Keynes in The Economic Consequences of The Peace [Die Wirtschftlichen Konsequenzen des Friedens] beschrieben:
Machtpolitik ist unvermeidlich, und es gibt nicht viel Neues, was wir aus diesem Krieg oder dem Ziel, für den er geführt wurde, lernen könnten. England hatte, wie in jedem vorhergehenden Jahrhundert, einen Handelsrivalen vernichtet, ein mächtiges Kapital war in dem weltlichen Kampf zwischen dem Stolz Deutschlands und Frankreichs zu Ende gegangen. Die Klugheit erforderte, den "Idealen" törichter Amerikaner und übertrieben kritischer Engländer einigen Lippendienst zu erweisen, es wäre jedoch dumm zu glauben, daß es viel Raum in der Welt gäbe, wie es auch tatsächlich der Fall ist, für solche Sachen wie den Völkerbund oder irgendeinen Sinn für die Prinzipien der Selbstbestimmung, es sei denn als einer naiven Formel zur Neugestaltung des Gleichgewichts der Kräfte im eigenen Interesse.
Dies war nach dem I. Weltkrieg geschrieben, hat jedoch auch Gültigkeit für den Zweiten. Ein anderer Engländer, der große Disraeli sagte:
Alle großen Ereignisse wurden verzerrt, das meiste der wichtigen Gründe verschleiert, einige der Hauptcharakter treten nie zutage, und alle, die erscheinen, wurden so mißverstanden und falsch dargestellt, daß das Ergebnis ein vollständiges Rätsel ist. Sollte die Geschichte Englands von jemandem, der die Kenntnisse und den Mut dazu hat, je geschrieben werden, würde die Welt staunen.[35]
Der britische Außenminister Ernest Bevin sprach die Wahrheit über die Propaganda auf der niedrigeren Ebene, als er bei der Konferenz der Außenminister in London am 10. Februar 1946 sagte:
Eine Zeitung muß drei Dinge tun. Eines ist zu belustigen, ein anderes zu unterhalten, und der Rest ist, irrezuführen.[36]
Daß eine solche Propaganda in den meisten Fällen ungeheuren Anteil am Kriegschüren hatte, kann nicht bezweifelt werden. Sie täuscht und verwirrt die Öffentlichkeit, stachelt sie auf und stärkt ihre angeborene Voreingenommenheit, die durch zivilisierende Einflüsse im allgemeinen in erträglichen Grenzen gehalten wird. Menschen können nur solche Dinge richtig beurteilen, die sie aus eigener Erfahrung kennen oder bei denen sie die Möglichkeit hatten, sie durch Lernprozesse aus allen Blickwinkeln zu betrachten. Wenn die Medien, auf die die Menschen für Nachrichten aus dem Ausland angewiesen sind, die Tatsachen färben und entkräften oder diese sogar verdrehen, was sie manchmal tun, gibt es für die Öffentlichkeit keine Möglichkeit, die Wahrheit zu erfahren. Ihr allgemeines Urteil, die Genauigkeit, die die Grundlage für einen demokratischen Prozeß bildet, kann konsequenterweise nicht verlässlich sein; im Gegenteil, wenn die Beurteilung irregeführt ist und die Leidenschaften für den Zweck genügend entfacht sind, werden sie unweigerlich verrückte Abenteuer, ungerechte Eingriffe und andere tragische falsche Schritte in internationalen Angelegenheiten unterstützen.
Und das ist, was Prime Minister Neville Chamberlain einen Monat vor Ausbruch des Krieges feststellte:
Unglücklicherweise werden täglich durch vergiftete Propaganda in der Presse und auf andere Weise böse Gefühle zwischen Nationen erzeugt. Ich habe das Gefühl, daß, wenn wir nur diesen Krieg mit Worten stoppen könnten und der Versuch gemacht würde, den Menschen das Vertrauen in die friedlichen Absichten aller Staatsmänner Europas zurückzugeben - wenn das nur möglich wäre, fühle ich immer noch, daß es keine Frage gibt, die nicht durch friedliche Diskussionen geregelt werden könnte und sollte. Der Gewinn wäre ungeheuer. Wenn, andererseits, ein Krieg kommen sollte, und welche Seite auch immer den endgültigen Sieg davontragen würde, ist nichts sicherer, als daß Sieger und Besiegte gleichermaßen, eine schreckliche Ernte an menschlichem Elend und Leid erleben würden.[37]
Sowohl Amerikaner als auch Briten wurden vor Ausbruch des Krieges mit irreführender, aufrührerischer Propaganda überhäuft. Nur einige ruhige, informierte Beobachter waren scheinbar in der Lage, sie zu durchschauen. Sechs Monate bevor wir in den Krieg gestürzt wurden, schrieb ein leitender Angestellter von Roosevelt & Son von Pine Street an Hugh W. Long & Co. in einem Brief:
Ich kann nicht anders, als meine Mißachtung für diejenigen zum Ausdruck zu bringen, die zur Zeit politisch mit dem Angstmotiv spielen und ein Bild der Vereinigten Staaten malen, die von Hitler überrannt werden. Es hat niemals ein Land gegeben, das strategisch so gut zur Verteidigung ausgerüstet war, als dieses, und wenn, zusätzlich, dieses Land mehr Öl hat als jedes andere in der Welt und dem mehr Ergebnisse praktischer Erfindungen zur Verfügung stehen (eingeschlossen die Originalerfindung von und die meisten der bedeutenden Verbesserungen an Flugzeugen) und eine erwiesene und anerkannte Fähigkeit zur Massenproduktion hat, ist mir klar, daß es eine spezielle Begabung für mechanisierte Kriegführung hat und daß all das Gerede über das, was Hitlers bewaffnete Streitkräfte mit uns machen könnten, nur dummes Zeug ist.
Nein, wenn der Totalitarismus zu den Vereinigten Staaten kommt, wird er nur kommen, weil das amerikanische Volk von unaufrichtigen, oberflächlichen, geschickten Politikern beschworen werden kann und es versäumt, die Führung von Männern mit Charakter, Mut und Redlichkeit zu verlangen.[38]
Vielleicht war das giftigste aller Propagandathemen, das in diesem Land ganzseitig in Zeitungen und anderswo verbreitet wurde, die angebliche Äußerung Hitlers, daß er eines Tages herüberkommen und das "dekadente Yankeetum" fertigmachen würde. Die Passage war aufgemacht, daß sie aussah wie ein direktes Zitat und war über dem Namen Adolf Hitler angebracht. Es wurde jede Anstrengung unternommen, den Eindruck zu vermitteln, als käme es aus Mein Kampf, obwohl es etwas war, von dem Hermann Rauschnigg sagte, daß Hitler es gesagt habe - die durch nichts gestützte Aussage eines Mannes, eines Flüchtlings.
Eine solche Aussage steht in starkem Gegensatz zu dem, was Hitler wirklich in Mein Kampf schrieb, wo er Deutschlands Verwundbarkeit durch seine ungeschützten Grenzen und die Ausdehnung seines kleinen nationalen Gebietes beschreibt und die Vereinigten Staaten wegen "ihres ungeheuren Raumes, der der Größe eines ganzen Kontinents entspreche" bewundert sowie ihrer "unvergleichlichen inneren Stärke." "Der gewaltige nordamerikanische Staat", sagt er, "mit seinen ungeheuren Resourcen an Öl, ist viel unverwundbarer als das umzingelte Deutsche Reich." Und er sagt weiter:
Demgegenüber werden militärische Entscheidungen schneller, leichter, vollständiger und wirkungsvoller erreicht bei Staaten, die weite Gebiete haben. Darüberhinaus ist die Weite nationalen Gebietes selbst eine gewisse Sicherheit dafür, daß eine andere Macht nicht hastig das Abenteuer einer Invasion riskiert, weil in dem Falle der Kampf um die Macht lange und erschöpfend sein würde, bevor Hoffnung auf einen Sieg besteht. Da das Risiko so groß ist, müßten außergewöhnliche Gründe für solch ein aggressiven Abenteuer vorliegen. Daher gibt die territoriale Größe eines Staates eine Basis, auf der nationale Freiheit und Unabhängigkeit mit relativer Leichtigkeit erhalten werden können....[39]
Doch wie fest die Propaganda den Eindruck in der Öffentlichkeit verankert hatte, daß Mein Kampf ein Programm für die Eroberung der Welt enthielt, zeigt sich in folgendem Auszug, der aus einer Niederschrift der Frageperiode stammt, die der Rede von Botschafter John Cudahy vor dem Council of Foreign Relations [Rat für Öffentliche Angelegenheiten] von Chikago folgte, die er anderhalb Monate vor Pearl Harbor hielt.
Der Vorsitzende Bentley: Ich habe hier eine niedergeschriebene Frage: "Wie vereinbaren Sie Hitlers angekündigten Plan die Welt zu erobern, mit der ihnen gegenüber gemachten Äußerung?"
Mr. Cudahy: Ich weiß nichts von einem Welteroberungsplan. (Rufe von "Wie ist es mit Mein Kampf?" vom Publikum).
Ich habe Mein Kampf sehr gründlich gelesen und habe keinen Welteroberungsplan darin gefunden. (Rufe von Oh-h-h-h aus dem Publikum). Ich schlief gewöhnlich darüber ein; nachdem ich jedoch in Deutschland gewesen war, habe ich ihn gründlich durchgelesen. Hitler hat eine Reihe von Äußerungen gemacht, die darauf hindeuten, daß er von einem Weltreich träumte, aber ich denke, Hitler kann ein wenig der Kampf-Redekunst beschuldigt werden.
...... Ich weiß, daß dieser Krieg durch den letzten Krieg entstanden ist.
Es hat niemals wirkliche Beweise dafür gegeben, daß eine Welteroberung in Erwägung gezogen worden wäre. General Marshall, Chef des Generalstabes, sagte in seinem zweijährlichen Bericht, der im Oktober 1945 veröffentlicht wurde, daß es nach einer Beurteilung der Verhöre von Rangmitgliedern des deutschen Oberkommandos durch den Generalstab des Kriegsministeriums, keinen allgemeinen deutschen strategischen Plan zur Eroberung der Welt gegeben habe.[40]
Anmerkungen
[1] | Associated Press, Würzburg, Deutschland, 11. März 1946 |
[2] | Associated Press, Wiesbaden, Deutschland, 26. April 1946 |
[3] | Associated Press, Ottawa, Ontario, 15. Juli 1946 |
[4] | Lee Hills, Berlin, 10. Juli 1946, Chicago Daily New Foreig Service |
[5] | Willard Edwards, Washington, 2. Mai 1946, Chicago Tribune Press Service |
[6] | Chester Manly, Washington, 6. Aug. 1946, Chicago Tribune Press Service |
[7] | David J. Dallin, "Germany Between War and Peace," ["Deutschland zwischen Krieg und Frieden"], New Leader (World Events Section), Vol. XXVII, Nr. 51, 22. Dez. 1945. |
[8] | Larry Rue, Prag, Tschechoslowakei, 15. Dez. 1945, Chicago Tribune Press Service |
[9] | Dorothy Thompson, "Moskow's Plan for Germany" ["Moskaus Plan für Deutschland"], Chicago Daily News, 18. Juli 1946 |
[10] | Von Henry Morgenthau jr., "Morgenthau on Economic Problems" ["Morgenthau über wirtschaftliche Probleme"] The Chicago Sun, 12., 13. und 14. Sept. 1945 |
[11] | Associated Press, London, 5. April 1945 |
[12] | 7. April 1946 |
[13] | Financial Times, London, 24. Mai 1946 über den Bericht des schwedischen Ministers für Außenhandel, M. Gunnar Myrdal. |
[14] | Cf. Chicago Daily Tribune, 16. April 1946, S. 14 |
[15] | Associated Press, London, 6. April 1946 |
[16] | William H. Stoneman, London, 8. September 1945, Chicago Daily News Foreign Service |
[17] | The Chicago Sun (editorial) 14. Sept. 1945, S. 16 |
[18] | Henry Morgenthau, Germany Is Our Problem [Deutschland ist unser Problem] (New York: Harper and Bros., 1945), Kapitel I (bes. S. 2) und Kapitel ( "Germany Has the Will to Try It Again" ["Deutschland hat den Willen, es wieder zu versuchen"] |
[19] | Statement über "The Bretton Woods Agreement," ["Das Bretton Woods Übereinkommen"] wie vom Finanzdep. veröffentlicht, SS. 3 und 5 |
[20] | 12. Juni 1945, S. 4 der Presseveröffentlichung des U.S. Finanzministeriums |
[21] | 14. Febr. 1945, S. 2 " " |
[22] | Rede vor dem Juristenverband des Columbia-Distrikts, 1. Dez. 1945, Press Service Nr. V-148, S. 5 |
[23] | Vor dem Bürgerkomitee der Lower East Side in der Seward Park High School, New York City, 19. April 1945, Press Service Nr. 45-89, S. 2 |
[24] | Vor dem New York Kapitel der American Society of Chartered Life Underwriters, im Waldorf Astoria Hotel, New York City, am Freitag, dem 20. April 1945, Press Service Nr. 45-91, S. 4 |
[25] | Aus Congressional Record, 16. Nov. 1943, SS. 9672 ff. |
[26] | Col. C.H. Lanza, Chicago Daily Tribune, 6. Sept. 1945 |
[27] | Chicago Leader, 10. Jan. 1941 |
[28] | Chicago Herald American, 23. April 1944, S. 18 |
[29] | Associated Press, Moskau, 11. März 1939 |
[30] | Associated Press, Moskau, 30. Sept. 1939 |
[31] | Harry Elmer Barnes, "Britain's Top War Criminal," ["Britanniens Hauptkriegsverbrecher"] The Progressive, 17. Sept. 1945, S. 8 |
[32] | Congressional Record, 21. Juni 1944, S. 6429 |
[33] | " " 8. Dez.1942 |
[34] | United Press, Washington, 3. Jan. 1941 |
[35] | Congressional Record, 11. Dez. 1945, S. A-5815 |
[36] | Associated Press, London, 10. Febr. 1946 |
[37] | David Darrah, London, 31. Juli 1939, Chicago Tribune Press Service |
[38] | Roosevelt und Sohn, 30 Pine St., N.Y., an Hugh W. Long und Co., 155 Exchange Place, Jersey City, N.J., 8. Mai 1941 |
[39] | Mein Kampf (London: Hurst und Blackett, Lts., 1939) S. 125. Cf. auch SS. 127, 463 und 520. |
[40] | Walter Trohan, Washington, 9. Okt. 1945, Chicago Tribune Press Service. |
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