Auch heute noch: Uns ziemt der Stolz der Wahrheit



"Welchen Wert haben die Stimmen der Kameraden, die in den Vorjahren und soeben an dieser Stätte Worte der Erinnerung, der Trauer und Hoffnung sprachen?

Ich höre noch Werner Zoll vor Jahren sagen: "Das Zeichen zum Start am 7. April 1945 war uns nicht Befehl, sondern Freigabe des Starts zum letzten Einsatz."

Diese Worte wären flüchtige Äußerungen des Tages und der Stimmung, wenn sie nicht eine tiefe geschichtliche Wurzel und den Glauben an die Lebenskraft der vorangegangenen Generationen zu Gehör brächten.

Vor fast 200 Jahren, als das Deutsche Kaiserreich nach fast tausendjährigem Bestehen von Napoleon erobert, unterjocht und fremden Königen zugeteilt worden war, wo abtrünnige Rheinbundfürsten fremden Ideen hörig wurden, wo viele Deutsche sich nach dem Winde drehten, da alles verloren schien, ließ der Dichter Ernst Moritz Arndt seine Stimme ertönen. Ich finde keine besseren Worte zum Gedenken als die seinen, die er dem Auditorium der Universität Greifswald zugedacht hatte. So sprach er, als spräche er zu uns:

"Wenn alte Sitte, alte Treue, wenn reines Herz und stille Hoffnung, nicht schmutziger Eigennutz und knechtische Furcht uns heute hier versammeln, so ziemt uns auch ein ernstes Wort über uns und um uns; uns ziemt das Gedächtnis, daß die fürchterliche Zeit, die alles in Trümmern übereinandergeworfen und auch uns so vielfach verwundet und zerschmettert hat, uns dadurch das Recht gibt, die Freiheit und Mündigkeit des Geistes im höchsten Mut auszusprechen; uns ziemt nach so vielem Unglück und Unheil der Stolz der Wahrheit

Wo wir verwandelt werden konnten, sind wir alle verwandelt worden: aber das unwandelbar Feste, was in der Gesinning lebt, läßt sich durch keine Schwerter und Machtbriefe vertilgen; es ist unser; es ist Gottes.

Wir haben nicht vergessen, was wir waren; wir sollten nicht vergessen, was wir sein wollen

Wer Fremdes nachäfft, offenbart immer eine nichtige Eitelkeit oder einen hündischen Sklavensinn. Wie wir uns achten, werden wir geachtet werden: in deutscher Kraft, in deutschem Ernst, in deutschem Sinn.

Will man von uns, daß wir uns selbst aufgeben, daß wir uns erniedrigen sollen? Daß wir auf fremden Krücken hinken sollen, wo wir auf eigenen Füßen gehen können? Selbst wenn es uns wie anderen wünschenswert sein könnte, uns mit Sprache, Sinn und Leben Fremdes einzuverleiben und zu vergessen, was wir gewesen sind, um etwas Neues und Glücklicheres zu werden-wir können das nicht; das kann kein Volk.

Aber, werden viele rufen, wo ist Dein großes deutsches Volk?Wo ist das Eigentümliche, das Unverlierbare und Unvertilgbare, das Deutsche, wodurch wir stolz bestehen und stolzer erstehen sollen? Wir sind ja so zerflossen und zerfallen, so aufgelöst und zerronnen, daß wir zu allem umgestaltet und verwandelt werden können

Nein, nein, sage iches lebt noch Deutsches, es lebt noch ein deutsches Volk, es klingt noch eine deutsche Sprache, es wirkt und schafft noch ein deutscher Sinn, es schlagen noch deutsche Herzen und deutsche Geister ringen und kämpfen noch

Wir waren der heilige Mittelpunkt der europäischen Erde, wir sind es noch in so mancher HinsichtHaben wir nicht Seher und Propheten, Weise und Dichter? Große Arbeiter, Erfinder, Kämpfer jeder Art, wodurch wir uns den edelsten Völkern des Weltteils an die Seite stellen können?

Man sagt mir aber, der neue Geist strebe allmächtig zum Allgemeinen hin, zur Einigung und Gleichmachung und werde nicht eher ruhen, als bis er alles Schroffe, Eckige und Ungleiche der Völker und ihrer Neigungen und Strebungen abgeschliffen und ausgeschliffen, alle alten Abneigungen und Zwietrachten behoben, ja die Keime derselben und die Völkerkriege auf ewig ausgerottet habe.

Der Deutsche wird durch etwas anderes geleitet, durch eine Liebe, die er sich nicht erklären kann, durch jene tiefe Liebe, die in seinem Volk, seiner Sitte, seiner Sprache von Kindheit auf mit dem innersten Kern seines Daseins unauflöslich verwachsen ist".


Soweit die Worte eines großen Deutschen in schwerer Zeit, als die Sieger, wie heute, im Lande waren und als neue Ideen sich des Alten bemächtigten, wie heute auch. Aber die Liebe zu Volk und Vaterland haben ewigen Bestand. So greife ich das vom Kameraden zitierte Bibelwort noch einmal auf als den allertiefsten Beweggrund der todesmutigen jungen Männer der letzten Kriegstage:

"Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben läßt für seine Freunde."

Hajo Herrrmann