Bayern und Franzosen sind durch die Donau, ein ausgedehntes Sumpfgebiet und schützende Wälder gedeckt. Ein Angriff gegen solche Stellungen gilt nach den Kriegsregeln der Zeit als heller Wahnsinn. Doch Eugen und Marlborough wagen den Angriff, bei dem alles zu gewinnen oder alles zu verlieren ist.

Der 13. August ist ein Rasttag für das französisch-bayrische Heer. Friedlich dämmert es in den Morgen hinein. Doch erlauben die Kriegsbräuche der Barockzeit dem Gegner die Aufstellung zur Schlachtordnung, bevor die Alliierten zum Angriff schreiten. Auf dem von Eugen befehligten Flügel wogt die Schlacht hin und her. Dann läßt Marlborough in der größten Reiterschlacht des 18. Jahrhunderts 90 Schwadronen gegen den Gegner jagen, begleitet von stürmenden Infanterieabteilungen. Ludwigs Armee gerät ins Wanken. Eugen setzt sich wie immer schonungslos allen Gefahren aus. Als ein Teil seiner Kavallerie sich zur Flucht wenden will, soll er zwei seiner fliehenden Reiter mit eigener Hand erschossen haben, um die anderen zum Stehen zu bringen. "Ich habe keine Schwadron und kein Bataillon," sagt der Prinz nach der Schlacht, "welches nicht zum wenigsten vier mal angreifen mußte." Die Alliierten verlieren in dieser Schlacht 20% ihres Bestandes, der Gegner 70%. Die schmachvolle Niederlage drängt Ludwig wieder an die Ufer des Rheins zurück.

In den wenigen Stunden dieses Schlachtentages wird der schon wankende Thron Kaiser Leopolds gerettet. Das vielbewunderte Heer der Franzosen dagegen verliert seinen Nimbus der Unbesiegbarkeit. Der Traum Max Emanuels von einer Krone der Niederlande und eines vergrößerten Bayerns als Splittergroßmacht inmitten des Reiches ist ausgeträumt. Hätten die Alliierten über ausreichende Truppenmassen verfügt, hätten sie den Krieg in diesem Stadium zum siegreichen Ende führen können.

Die Kriegsschauplätze werden nun aus dem Reich an den Rhein, nach Flandern und Frankreich verlegt. Nur wenige Tage vor Höchstädt hatten hessische Soldaten unter englischem Befehl Gibraltar gestürmt und damit Englands Seemacht im Mittelmeer begründet. Für England erwies es sich als gewinnbringend-praktische Politik, seine Eroberungen mit dem von deutschen Reichsfürsten stets freimütig gespendeten Blut auszutragen. Es war jetzt zur europäischen Großmacht geworden.

Der Tod Leopold I


Nach dem Tode des 65-jährigen Leopold besteigt sein Sohn mit 27 Jahren als Joseph I. den Thron der Habsburger. Der neue Kaiser, selbstsicher, fähig, ehrgeizig und ohne die hemmende Frömmigkeit seines Vaters, verkörpert eine neue Zeit. Eine der ersten Regierungshandlungen des jungen Kaisers besteht darin, den Einfluß der Jesuiten einzudämmen. Ein Klüngel von hohen Klerikern hatte es verstanden, seinen Vater von der Außenwelt abzusperren. Von Eugen bestärkt, trägt Joseph sich ebenfalls mit dem Gedanken, zu gegebener Zeit den Reichstag und alle jene Kräfte auszuschalten, die sich wider die Einheit des Reiches stellen. Die Fürsten sollen nicht länger souveräne Herren, sondern nur noch die obersten Verwalter von Reichsgut sein!

In Italien hat sich die Festung Turin unter Graf Daun mit 7.000 Mann gegen den unbehelligt operierenden Marschall Vendome gehalten. Eugens Eintreffen verbessert automatisch die Stimmung der spärlichen in Piemont verbliebenen kaiserlichen Truppen. Obwohl ganz Oberitalien von Franzosen wimmelt, zweifelt die belagerte Stadt nicht daran, daß Eugen kommen wird. Kein schönerer Lob auf des Prinzen Zuverlässigkeit und Feldherrnkunst als die Worte des englischen Gesandten am Hofe Savoyen: "Nun schlafen wir ruhig in Turin, im vollsten Vertrauen, daß Prinz Eugen zu unserer Rettung alles tun wird, was er vermag. Denn wir haben dafür sein Wort."

Das Geld für die Aktion in Oberitalien beschafft Marlborough. Noch immer ist der Kaiser ohne ausreichende Mittel zur Unterhaltung seiner Armeen. Die Truppen der Reichsfürsten stehen ihm nur zu Wucherpreisen zur Verfügung. Für diese Herren ist der Schacher mit ihren Landeskindern an den jeweils Meistbietenden ein glänzendes Geschäft! Für die Reichsehre hat kaum je ein deutscher Fürst an der Seite des Kaisers gestritten. Konnten sie ihn nicht weiter für ansehnliche Summen für ihre Privatangelegenheiten erpressen, so marschierten sie einfach nach Hause!

Bevor er sich zum Angriff entschließt, studiert Eugen das Festungsgelände von der 600 m hohen Supergakuppe: Die Laufgräben der Franzosen, die Schanzen, die Festungswälle, das Fünfeck der Zitadelle. Er erkennt die Schwachstellen in den Positionen der Franzosen, die sich allzusicher fühlen, und er tut den berühmt gewordenen Ausspruch: "Mir scheint, die da unten sind schon halb geschlagen."

Die Franzosen hoffen noch immer, daß Eugen mit seinen 30.000 Mann gegen ihre 60.000 den Angriff nicht wagen wird. Doch der verliert keine Zeit. Im schwersten Kugelhagel rücken die Kaiserlichen neben den Preußen unter Leopold von Anhalt Dessau (dem späteren allbekannten "Alten Dessauer"), Pfälzern und Sachsen gegen die französischen Stellungen vor. Der Prinz ist wieder mitten unter den Kämpfenden und setzt sich rücksichtslos dem feindlichen Feuer aus. Sein Beispiel reißt seine Soldaten vorwärts. Neben ihm fallen ein Diener und ein Page. Sein Pferd sinkt getroffen zusammen. Er besteigt sogleich ein anderes und kämpft weiter.

Die Verluste des Siegers sind höher als die der Verlierer. Aber die Herrschaft Habsburgs über die Lombardei ist gefestigt. Mit diesem, einem seiner verblüffendsten Siege, krönt Eugen den italienischen Feldzug, den Napoleon "ein Musterstück der Kühnheit, Schnelligkeit und Umsicht" genannt hat.

Die Bestürzung am Hof des Sonnenkönigs ist groß. Das Prestige des "unfehlbaren" Königs ist erschüttert. Ein Grollen geht im französischen Volk um. Doch noch immer ist keine der streitenden Parteien geneigt, diesen unseligen Krieg durch einen tragbaren Frieden zu beenden. Am 21. Februar 1707 wird Eugen als "Oberster Feldherr des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation" in die Stellung des Reichsfeldmarschalls erhoben.

Auf Bestreben Englands wird der Prinz in einen Feldzug gegen die Festung Toulon verwickelt, ein Unternehmen, das ihm wegen der Unfähigkeit der englischen Flottenbefehlshaber aussichtslos erscheint. Während die Belagerungssoldaten unter Hunger und Ruhr leiden, schwelgen die hohen Herren in unglaublichem Luxus. Als "Feinde" schicken sie einander durch die Frontlinien hindurch tonnenweise die kostbarsten Leckereien. (Hier ein Vergleich - zwischen der oft hungernden und frierenden Armee des Kaisers und der der Franzosen: Ludwig mußte, um der "Not" seiner Truppen zu steuern, verfügen, daß z.B. ein Generalleutnant nicht mehr als 40, oder ein Hauptmann nicht mehr als 25 Pferde nebst Pflegepersonal bei ihren Feldzügen mitführen durften!)

Wie Eugen erwartet hatte, bleibt der Sieg der Alliierten in weiter Ferne. Die englische Flotte ist nicht in der Lage, die Festung von See her ausreichend zu schwächen. Aber die Franzosen sind durch die Anwesenheit der Engländer gezwungen, zur Sperrung des Hafens ihre gesamte Flotte von 50 Linienschiffen zu versenken. England wird damit auf billige Weise die unbestrittene Beherrscherin des Mittelmeeres.

Inzwischen haben die Franzosen die Initiative ergriffen und Brügge und Gent besetzt, bevor Marlborough in der Lage ist, sie daran zu hindern. Marlborough ist im Jahr 1708 von schweren Depressionen geplagt. Ungeduldig erwartet er das Erscheinen des Prinzen. Eugen ist über das Aussehen seines Freundes entsetzt. Die tiefe Niedergeschlagenheit hat vom Oberbefehlshaber auch auf die Armee abgefärbt. Erst Eugens Erscheinen gibt den alliierten Soldaten neues Selbstvertrauen. Sein Ansehen vermittelt ihnen das Gefühl, daß ihnen nun nichts mehr passieren kann.

Die Schlacht von Oudenaarde


Bei Oudenaarde kommt es zur Schlacht. 160.000 Soldaten stehen sich gegenüber, 80.000 auf französischer Seite, die selbe Zahl unter Eugen und Marlborough.

Eine Kavallerieattacke des preußischen Generals Natzmer drängt die Franzosen auf immer engeren Raum zusammen. Vendome kämpft zu Fuß mit der Picke in der Hand. Eine Kriegslist Eugens, die nächtliche Verwirrung unter den Franzosen anrichtet, entscheidet die Schlacht.

Nach ihrem Sieg ist Marlborough für einen sofortigen Stoß auf Paris: Doch der Draufgänger Eugen ist kein Mann, der sich militärischen Phantastereien hingibt. Er denkt an die Versorgung seiner Truppen und an das Netz starker Befestigungen, die sie in ihrem Rücken lassen würden. Die stärkste davon ist Lille, der Stolz Marschall Vaubans, der die Kunst des Festungsbaus zu einer nie übertroffenen Höhe geführt hat.

Am 12. August wird Lille von den Alliierten eingeschlossen. Ludwig XIV. befiehlt den Entsatz dieses bedeutenden Wirtschaftzentrums mit allen Mitteln. Lille erweist sich als eine hart zu knackende Nuß. Trotz erschreckender Verluste kommen die Angreifer nicht weiter. Ungeachtet der hohen Gefallenenziffern läßt Eugen im heftigsten Feuer stürmen und immer wieder stürmen, ein für diesen Meisterstrategen ungewöhnlich starres Vorgehen. Bei einem erneuten Sturm wieder ganz vorn, wird der Prinz durch einen Schuß am Kopf zu Boden gerissen. Inmitten des erschreckten Aufschreis seiner Soldaten sagt er kaltblütig: "Was soll der Lärm? Sehen Sie nicht, daß nichts passiert ist?" besteigt wieder sein Pferd und führt weiter.

In seinem Quartier entgeht der Prinz einem erneuten Giftmordanschlag. Entsetzt sehen seine Offiziere einen Hund verenden, dem man das für ihn bestimmte Schriftstück umgebunden hatte. Der Prinz meint dazu gelassen: "Sie brauchen sich nicht darüber zu wundern, meine Herren. Ich habe schon des öfteren Briefe dieser Art erhalten."

Der Widerstand der Bürger bricht endlich zusammen, als Eugen bei der Einnahme mit drei Tagen Plünderungsfreiheit für seine Soldaten droht. Nur der tapfere Boufflers zieht sich in das Pentagon der Zitadelle zurück, um weiterzukämpfen. Eugen rückt nach, feiert das übliche Tedeum und verschont die Stadt.

Bis zum 9. Dezember hält Boufflers in seiner Zitadelle aus. Bei seiner schließlichen Kapitulation erweist Eugen in wahrhaft ritterlicher Geste seinem tapferen Gegner seine Hochachtung. Er läßt ihn mit allen Verwundeten und Troßwagen abziehen (man vergleiche damit die Brutalitäten, die unsere "Befreier" von 1945 sich an wehrlosen deutschen Gefangenen und Zivilisten erlaubten!)

Für Ludwig ist 1708 ein Unglücksjahr geworden. Die Welt spottet nun über den vorher so stolzen König. Der" kleine Abbe" hatte sich gerächt. Die Pfälzer Liselotte schreibt: "Frankreich hat sich zu weit ausgedehnt... unsere Nation war unverschämt und wider die Ordnung; Gott will sie strafen und erniedrigen."

Malplaqet 1709


Der Winter vor der blutigsten Schlacht des Spanischen Erbfolgekrieges ist ein ungewöhnlich harter. Das französische Volk leidet Not. Brot wird teurer, Unzufriedenheit und Unrast schwelen im Volk, das es leid ist, die schweren Kriegsbürden allein zu tragen. Colberts Steuersystem hatte die herrschende Schicht verschont und lastete um so schwerer auf dem gewöhnlichen Volk. Voll Wut und Verzweiflung stürmen Bauern in einigen Landesteilen Schlösser und Ämter und schlagen die verhaßten Steuereintreiber tot.

Eine von dem greisen Vauban, der nicht nur Experte im Festungsbau war, vorgeschlagene gerechtere Steuerreform, die auch Adel und Kirche erfassen soll, erzeugt bei den Betroffenen einen Sturm der Entrüstung. Sie wird vom König abgelehnt. Vauban stirbt wenig später als verbitterter Mann.

Die Versuche Ludwigs, mit den Holländern einen Separatfrieden zu schließen, bleiben ohne Erfolg, obwohl die Holländer die Bürde der Loyalität nicht allzu ernst nehmen. Dem König wird klar, daß er nicht umhin kann, die habsburgischen Ansprüche auf Spanien anzuerkennen. Dafür soll sein Enkel als Entschädigung Neapel und Sizilien erhalten. Doch die Alliierten sind blind für ihre eigenen Schwächen und verspüren wenig Neigung, sich von Ludwig Bedingungen stellen zu lassen.

Der Prinz, der schon vorher sein diplomatisches Talent bewiesen hat, wird nun offiziell als Bevollmächtigter des Kaisers bei den kommenden Friedensgesprächen in Holland eingesetzt. Die Verhandlungen finden in prunkvollem Rahmen in Den Haag statt. Mit ihren starren Friedensbedingungen wollen die Alliierten, von Hochmut und Unvernunft geblendet, den König der Franzosen demütigen. Aber damit erwecken sie nur den Trotz des alten Ludwig. Liselotte gibt die Stimmung am französischen Hof wider: "Der Alliierten Propositionen sind zu barbarisch; es ist besser verderben und sterben als solche eingehen."

In Wien wiegt man sich in dem Glauben, mit einem erneuten Feldzug den Widerstand der Franzosen endgültig brechen zu können. Eugen, der die Lage klarer und ohne falschen Optimismus sieht, warnt den Kaiser, sich nicht zu sehr auf "das veränderliche Glück der Waffen" zu verlassen. Nichts sei ungewisser und zweifelhafter. "Denn gewiß ist es,... daß den ganzen Krieg hindurch kein schärferes und blutigeres Treffen, als eben das gegenwärtig bevorstehende, gewesen sein werde."

Er soll bitter recht behalten. Marschall Villars steht mit einer starken Armee an der Grenze, um den Verbündeten den Weg nach Paris zu versperren. Ein Ausmanövrieren des Gegners durch Bewegung ist kaum möglich, da Flandern nach einem verregneten Frühsommer einem Schlammeer gleicht. Mit der Belagerung von Tournai verlieren die Alliierten Zeit bis in den September. Als sie sich Mons zuwenden wollen, verläßt Villars plötzlich seine Stellungen und ergreift die Initiative. Marlborough und Eugen müssen wohl oder übel die Schlacht im ungünstigsten Gelände annehmen.
110.000 Alliierte und 80.000 Franzosen finden sich auf engstem Raum zusammengeballt. Unter den obligatorischen hochgestellten Schlachtenbummlern befinden sich auch der künftige König von England sowie Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen. Zu den Kämpfenden zählen der "Alte Dessauer" und ein Oberst von Schwerin, später berühmter General Friedrichs des Großen. Auf französischer Seite kämpfen 12 Offiziere, die es sämtlich noch zum Marschall bringen. Der Löwe von Lille, Marschall Boufflers, hat sich auch ohne Kommando freiwillig zur Truppe gemeldet.

Die französische Armee ist gut geführt, kampferprobt und nach dem schmählichen Diktat von Den Haag entschlossener denn je. Gut eingegraben erwartet sie den Gegner, der sich durch das morastige Gelände vorkämpfen muß. Drei Tage lang hat es ununterbrochen geregnet. Erst als die Angreifer auf kurze Entfernung herangekommen sind, eröffnen die Franzosen ein mörderisches Feuer. Reihenweise werden Deutsche, Engländer und Holländer niedergemäht.

Als der Angriff infolge der schweren Verluste ins Stocken kommt, reitet Eugen an die Spitze, um seine Soldaten mit sich zu reißen. Eine Musketenkugel streift ihn hinter dem linken Ohr. Mit den Worten "am Abend ist Zeit genug dafür", weigert er sich, sich verbinden zu lassen.

Durch eine massierte Reiterattacke gerät die Front schließlich in Bewegung. Villars wird getroffen vom Pferd gerissen. Boufflers übernimmt das Kommando und befiehlt schließlich den Abbruch der aussichtslos gewordenen Schlacht.

Nominell sind die Alliierten Sieger geblieben. Aber was für ein Sieg! 25.000 alliierte Soldaten sind gefallen oder verwundet. Die Verluste der Franzosen werden mit 11.000 angegeben. "Das Schlachtfeld bot dem entsetzten Auge einen wahrhaft gräßlichen Anblick." Es war kein Grund zu Triumphgefühl. Auch bei den Feldherrn verstärkt sich die Sehnsucht nach Frieden, nach dem Ende dieses sinnlosen Gemetzels.

Der Tod des jungen Kaisers


Prinz Eugen war nicht nur Meister der militärischen Strategie. Als geborener Staatsmann beschäftigt er sich weitblickend mit der Zukunft des Reiches und der künftigen Gestaltung der europäischen Politik. Er weiß, daß die Allianz mit den Seemächten nicht von Dauer ist. Der beste Garant für einen dauerhaften Frieden und für die Sicherheit des Reiches scheint ihm auf die Dauer ein Bündnis Österreichs mit Preußen und Rußland zu sein, so wie es dereinst in den Befreiungskriegen verwirklicht werden soll.

Vor der unverhofften Krankheit des jungen Kaisers hatte Eugen Joseph bedrängt, auf Rückkehr der von Frankreich geraubten Gebiete, einschließlich Metz, Toul und Verdun zu bestehen, um durch eine Festungskette gegen den ewigen Landräuber von jenseits des Rheins gesichert zu sein.

Doch nun tritt ein Ereignis ein, das schlagartig den Stern Frankreichs wieder aufgehen läßt. Erst 30 Jahre alt, stirbt Joseph I. am 17. April 1711 an den Blattern. Joseph war beim Volk beliebt gewesen, vor allem aber auch bei den grundlegende Reformen der Monarchie anstrebenden Kräften. Er hatte, von Prinz Eugen tatkräftig unterstützt, die Neuorganisation der Verwaltung und die Stärkung der Armee energisch in Angriff genommen. Sein Bruder jedoch, der als Karl VI. nach ihm den Thron besteigt - Joseph war ohne männlichen Erben gestorben - ist diesen Neuerungen keineswegs geneigt. Ihm erscheint es wichtiger, daß nichts unterlassen wird, um die Erbfolge seiner Tochter Maria Theresia zu sichern!

Karl VI. ist der dritte Habsburger, unter dem der Prinz dient. Eugens Befürchtungen um die Zukunft des Reiches sollen sich bald bewahrheiten. Karl, von einer Kamarilla ehrgeiziger spanischer Emigranten umgeben, will den Schwerpunkt der Habsburger Politik nach Spanien verlegen. Indem er sich mit der Utopie eines Weltreiches wie unter Karl V. beschäftigt, gerät er automatisch in Gegnerschaft von Engländern und Holländern, die keineswegs geneigt sind, eine neue Seemacht neben sich zu dulden.

Englands Verrat


Über Nacht wirft England das Ruder herum und begeht seinen Verrat an den Verbündeten. Die Friedenspartei setzt sich durch. Dem Herzog von Marlborough wird nach und nach jeder Einfluß auf die Politik genommen Alle Siege Eugens scheinen nun umsonst erstritten.

Eugen wie Marlborough waren der Meinung gewesen, Ludwig mit der blutigen Schlacht von Malplaquet endgültig bezwungen zu haben. Doch wieder einmal hatten sie sich getäuscht. Der Ausgang der Schlacht hatte Ludwigs Willen zum Durchhalten nur noch weiter angefacht.

Im nächsten Feldzug weicht Villars jedem größeren Gefecht aus. Die "beiden schrecklichen Zwillinge", wie die Franzosen Eugen und den Herzog nennen, können wohl Befestigungen und Städte nehmen, aber die Armee Villars bleibt intakt.

Vorher haben die Verbündeten wieder in Holland mit den Franzosen verhandelt. Doch die Gespräche ziehen sich endlos hin. Eugen verliert die Geduld, als er merkt, daß die Franzosen "uns nur amüsieren und foppen" wollen. So werden die Verhandlungen schließlich abgebrochen, und man greift abermals zum Schwert. Marlborough und der Prinz können nicht ahnen, daß dies das letzte Mal ist, daß sie gemeinsam ihre Armeen führen werden.

Damals, als England der Großen Allianz den Dolchstoß versetzte, entstand der Begriff des "Perfiden Albion". Sowohl Eugen wie Marlborough sollen allmählich von den britischen Innenpolitikern auf die schmutzigste Art an die Wand gedrückt werden. Wer etwa glaubt, Lüge, Entstellung, Unterschlagung oder gezielte Desinformationen seien verhältnismäßig neue Erfindungen der Medien, der sollte die Pressekampagne verfolgen, die seinerzeit gegen Marlborough und seine Bündnispolitik geführt wurde. Die sprichwörtliche Fremdenfeindlichkeit der Engländer geschickt ausnutzend, weiß man dem Volk einzureden, es solle nicht so dumm sein, sich von den Kontinentalmächten das Fell über die Ohren ziehen zu lassen.

Die Stimmung in Wien ist einer Panik nahe. Ohne das englische Geld ist Habsburg nicht in der Lage, den Krieg weiter zu führen. Eugen muß als Emissär nach England reisen, um zu versuchen, die Briten bei der Stange zu halten. Trotz der Winterstürme im Kanal, und bei schlechter Gesundheit, tritt der Prinz die beschwerliche Reise an. Er hält diesen verzweifelten Schritt für seine Pflicht, und gleichzeitig will er seine Loyalität dem Herzog gegenüber beweisen. Es fehlt nicht an öffentlichen Huldigungen und ehrlicher Begeisterung der Menge. Aber die maßgebenden Politiker versuchen, den Prinzen mit heuchlerischen Reden zu täuschen. Man geht so weit, dem Volk, das den Prinzen verehrt, weiszumachen, Eugen und Marlborough planten einen Putsch zum Sturz der Regierung, wollten London in Brand stecken, die Königin gefangennehmen und die Minister ermorden! Die Propagandagiftküche eines Sefton Delmer ist hier vorweggenommen: Psychologische Kriegführung, bedenkenlos angewendet - schon vor den Mären von abgehackten Kinderhänden, Verwertung von Kadavern zu Seife und schlimmeren Greuellügen! Wien steht derartig heimtückischen Teufeleien hilflos gegenüber. Sie entsprechen nicht deutscher Mentalität!

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