Quelle:  Der Standard
24. August 2007

"Unbelehrbarer" Holocaust-Leugner wurde nach deutlicher Strafreduktion wieder rückfällig

Wien - Seit einigen Tagen sitzt der ehemalige Wiener Bezirksrat Wolfgang F. wieder in U-Haft. Der bereits zwei Mal wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung abgeurteilte frühere freiheitliche Kommunalpolitiker - die FPÖ hatte ihn 1994 aus der Partei ausgeschlossen - steht neuerlich im Verdacht, gegen Paragraf 3h Verbotsgesetz verstoßen zu haben, der das Leugnen des nationalsozialistischen Völkermordes mit einem bis zu zehn Jahren Haft bedroht.

Der mittlerweile 56-Jährige wurde verhaftet, nachdem er einen "Appell an alle anständigen Österreicher" verbreitet hatte, in dem er dazu aufforderte, eine Unterschriftenliste für die Abschaffung des Verbotsgesetzes, insbesondere des Paragrafen 3h zu unterzeichnen. Das Schriftstück, das einmal mehr den Holocaust in Frage stellende Passagen enthalten soll und damit den Tatbestand der Wiederbetätigung erfüllen dürfte, hatte Wolfgang Fröhlich unter anderem etlichen Nationalratsabgeordneten, sämtlichen Landeshauptleuten sowie dem Rechnungshof geschickt.

Der nunmehr in einer Zelle im Wiener Landesgerichtlichen Gefangenenhaus befindliche Ex-Politiker behauptet, 30.000 Personen hätten bereits seinen Appell unterschrieben. Die Staatsanwaltschaft Wien hat bereits die Einleitung der gerichtlichen Voruntersuchung beantragt.

Die Verhaftung kann als "Ohrfeige" für den Obersten Gerichtshof (OGH) gelesen werden: Ein Wiener Schwurgericht hatte den Mann im August 2005 zu insgesamt vier Jahren Haft verurteilt, nachdem er rund 300 selbst gebrannte CD's verschickt hatte. Empfänger: Der Bundeskanzler, alle neun Landesregierungen, der Rechnungshof, das Bundesamt sowie mehreren Landesämter für Verfassungsschutz, die Justizministerin und alle 183 Nationalratsabgeordneten.

Auf den Datenträgern wiederholte Wolfgang Fröhlich ein Mal mehr seine die Gaskammern sowie die Opferzahlen des Holocaust anzweifelnden Thesen, deretwegen er bereits 2003 von Geschworenen wegen Wiederbetätigung schuldig erkannt worden war.

Dessen ungeachtet leistete der OGH im Februar 2006 der Berufung des Mannes Folge und reduzierte seine Strafe deutlich. Sie wurde von vier auf eineinhalb Jahre gesenkt, weil - so die Begründung - der Paragraf 3h Verbotsgesetz "ein abstraktes Gefährdungsdelikt" und das Gefährdungspotenzial im gegenständlichen Fall "als eher gering anzusehen" sei. Unter Berücksichtigung dieser Umstände sei das Ersturteil "zu hoch gegriffen", hieß es.

Nach Angaben des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes (DÖW) war Wolfgang Fröhlich im Dezember 2006 auch Teilnehmer bei der so genannten "Holocaust-Konferenz" im Iran. Teheran behauptete damals, im Rahmen der Konferenz "das wahre Ausmaß der Judenermordung durch die Nazis" herausfinden zu wollen. Die Konferenz wurde international scharf kritisiert. (APA)


Quelle:  Der Standard
24. August 2007

Honsik-Verhaftung auf EU-Rahmenbeschluss zurückzuführen

Rahmenbeschluss des EU-Rats von 2007 Grund für Auslieferung - Bereits zweimal angesucht

Wien - Dass der Holocaust-Leugner Gerd Honsik am Donnerstag in Spanien festgenommen werden konnte, ist in erster Linie auf den Rahmenbeschluss zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zurückzuführen, auf den sich am 19. April 2007 der Rat der EU-Justizministerinnen und -minister in Luxemburg geeinigt hatte. Mit dem Hinweis darauf begegnete die Staatsanwaltschaft Wien am Freitag Fragen, weshalb der im Mai 1992 wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verurteilte 65-Jährige jahrelang unbehelligt in Spanien leben konnte, obwohl er aus seinem Aufenthaltsort kein Geheimnis machte.

Zweimal um Auslieferung ersucht

Österreich hatte die spanischen Behörden in der Vergangenheit zwei Mal um die Auslieferung Honsiks ersucht, um diesen der Verbüßung seiner Strafe - eineinhalb Jahre unbedingte Haft - zuführen zu können. Spanien lehnte dieses Ansuchen beide Mal ab: Im Unterschied zu Österreich, wo das Verbotsgesetz das Leugnen des Holocausts mit teils langjährigen Haftstrafen bedroht, existieren in zahlreichen europäischen Staaten bisher keine vergleichbaren Strafbestimmungen.

Auftrieb bekamen die Bestrebungen der heimischen Justiz, Honsik ausgeliefert zu bekommen, mit dem Rahmenbeschluss der EU, der eine Mindestharmonisierung von Strafvorschriften zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vorsieht. Öffentliche Aufstachelung zu Gewalt und Hass gegen Menschen anderer Rasse, Hautfarbe, Religion oder nationaler wie auch ethnischer Abstammung soll zukünftig länderübergreifend verboten werden. Die Mitgliedstaaten der EU sind darüber hinaus verpflichtet, in ihren nationalen Rechtsordnungen neben Rassismus und Fremdenfeindlichkeit unter bestimmten Voraussetzungen auch das Leugnen, Billigen oder grobe Verharmlosen von Völkermord unter Strafe zu stellen.

Irritiert

Obwohl diese Bestimmungen noch nicht endgültig abgesegnet wurden, dürfte Gerd Honsik bewusst geworden sein, dass sein Aufenthalt in Spanien bei weitem nicht mehr so sicher war wie von ihm erwünscht. Auf seiner Homepage waren entsprechende Andeutungen zu lesen. Zusätzlich dürfte ihn irritiert haben, dass sein Verbleib in einer parlamentarischen Anfrage öffentlich thematisiert wurde.

Den Wiener Sicherheits- und Justizbehörden war klar, dass somit Handlungsbedarf gegeben war. "Es stand zu befürchten, dass Honsik seine Zelte in Spanien abbricht und sich in ein Land außerhalb der EU begibt, in dem ein Europäischer Haftbefehl keinerlei Wirkung gehabt hätte", meinte ein Ermittler am Freitag im Gespräch mit der APA.

Überraschendes Vorgehen

Der zuständige Wiener Staatsanwalt beantragte daher auf Basis des Steckbriefs und des Urteils aus dem Jahr 1992 einen Europäischen Haftbefehl, der umgehend ausgestellt wurde. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) übermittelte diesen Haftbefehl direkt der zentralen spanischen Zielfahndung, die ihn in Malaga ohne der an sich vorgesehenen Verständigung und Mitwirkung der lokalen Polizeibehörden vollzog.

"Es sollte überraschend vorgegangen und Honsik keine Möglichkeit gegeben werden, sich darauf vorzubereiten", erläuterte der Ermittler.

Honsik soll sich gegen seine Festnahme nicht zu Wehr gesetzt haben, hieß es. Sollte er ausgeliefert werden, worüber Spanien binnen 90 Tage entscheiden muss, würde er in Wien zunächst in U-Haft kommen: Das 15 Jahre alte Urteil ist nämlich noch immer nicht rechtskräftig. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat zwar 1994 den Schuldspruch in Abwesenheit des Holocaust-Leugners bestätigt, die Berufungen - sowohl die Staatsanwaltschaft als auch Honsiks Verteidiger Herbert Schaller hatten das Strafausmaß nicht akzeptiert - sind jedoch nach wie vor "offen".

Kurze Vorbereitungszeit

Dieses am Wiener Oberlandesgericht (OLG) anhängige Rechtsmittelverfahren, das zuletzt formell abgebrochen war, wird nun wieder aufgenommen. Der zuständige Berufungssenat (Vorsitz: Herbert Körber) könnte nach Honsiks Überstellung mit einer sehr kurzen Vorbereitungszeit das Auslangen finden und die Berufungsverhandlung "binnen weniger Wochen bis Monate" ausschreiben, hieß es dazu am Freitag in Justizkreisen. (APA)