Der Brief einer Dame, die im Gericht war, als das Zündel-Urteil gesprochen wurde

Liebe Ingrid Rimland-Zündel!

Es tut mir so leid für Sie, daß Ernst jetzt die vollen drei Jahre noch abzusitzen hat, weil die Haft in Kanada nicht angerechnet wird. Ich weiß nicht, ob Sie mit einem solchen Urteil gerechnet haben. Für uns war es eigentlich sehr deutlich nach allen Prozeßerfahrungen im Hinblick auf den § 130 Volksverhetzung, daß nicht viel anderes für Ernst zu erwarten sei.

Die Verteidiger haben wirklich ihr Bestes gegeben. Jürgen Rieger hielt ein sechsstündiges Plädoyer, das an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Aber was trug es ihm ein? Der Staatsanwalt klagte Jürgen Rieger nun ebenfalls wegen Volksverhetzung an, weil er durch sein Plädoyer erkennbar gemacht hatte, daß auch er nicht an den Holocaust glaubt.

Ich weiß nicht, ob so etwas in den USA oder auch in Kanada vorstellbar ist. Hier bei uns ist es leider die Regel. Aus diesem Grund kann ein verantwortungsbewußter Angeklagter eigentlich gar keinen Verteidiger, und auch keinen Gutachter, benennen. Diese müßten immer im Interesse ihres Mandanten Beweise und Argumente zusammentragen und anführen, die den Angeklagten entlasten. Das aber heißt die Offenkundigkeit in Frage stellen, und das wiederum ist in der Bundesrepublik strafbar.

Auch der Pflichtverteidiger hatte am letzten Tag ein von uns gar nicht erwartetes, überraschend gutes Plädoyer gehalten. Sein Schwerpunkt war die Meinungsfreiheit, die gerade von der Bundesrepublik bei anderen Völkern, z.B. jetzt kürzlich bei der Türkei nach dem Journalistenmord, angemahnt wird. Die Bundesrepublik selber aber hält sich an dieses unverletzliche Grundrecht eines jeden Menschen nicht. Bei Ernst Zündel aber handele es sich um eine Frage der Meinungsäußerung in Wort und Schrift. Auch er plädierte für Freispruch, zumindest aber für Anerkennung der zwei Jahre Haft in Kanada.

Doch den Richter kümmerte das wenig, er überschüttete den Angeklagten haßerfüllt mit dem - so schien es mir - "großen jüdischen Fluch". Seine Urteilsbegründung endete mit einem langen Zitat von Thomas Mann. Darin wird dargestellt, wie der Gott Jahwe Moses die Gesetzestafeln gibt und alle Höllenstrafen ausmalt, die das Volk treffen würden, wenn es diese Gesetze nicht einhält.

Anschließend überrumpelte er Ernst, nachdem er seinen Talar ausgezogen hatte, indem er auf ihn zuging und ihm freundlich die Hand schüttelte. Das war wirklich peinlich. Es konnte nur gelingen, weil keiner auf so etwas vorbereitet war.

Liebe Ingrid, Sie machen sich vielleicht von den deutschen Gerichten ganz falsche Vorstellungen. Diese haben nichts mehr mit Wahrheitsfindung zu tun, insbesondere nicht, wenn es um diese politischen Prozesse geht. Die Richter und die Staatsanwälte halten sich weder an die Grundrechte noch an Gesetze noch an die Strafprozeßordnung. Es fällt schon uns Deutschen, die wir das nun schon mehrfach miterlebt haben, äußerst schwer, dieses als Realität in unser Bewußtsein aufzunehmen. Wieviel schwerer muß es für einen Menschen in den Vereinigten Staaten sein, das zu durchschauen?

Es hat also auch gar keinen Sinn, irgendwelche erklärenden oder rechtfertigenden Ausführungen an die Richter zu machen. Sie gehen darauf in keiner Weise ein, ja, ich habe sogar in einem Prozeß erlebt, daß Zitate von führenden Politikern, von dem Angeklagten zu seiner Entlastung angeführt, als strafverschärfend vom Richter dargestellt wurden.

Aber das wirklich bewundernswerte an Ihrem Mann ist, daß er sich so intensiv mit positiven Dingen befaßt, wie mit dem biologischen Landbau, einer gesunden Ernährung und dem, was er nach der Haftentlassung tun möchte. Ich hoffe, daß ihn dieses positive Denken die Zeit einigermaßen gut und gesund überstehen läßt.

Ich weiß aber gar nicht, wie es Ihnen geht. Sind Sie noch berufstätig, und vor allen Dingen, sind Sie gesund? Denn diese Strapazen und das Hoffen und Bangen nimmt einen Menschen doch sehr mit. Ich wünsche Ihnen alles Gute und werde eine Kopie dieses Briefes auch an Ernst schicken.