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19.12.2009

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat Papst Benedikt XVI. dafür kritisiert, die Seligsprechung des umstrittenen Papstes Pius XII. voranzutreiben. Pius soll den Holocaust wissentlich ignoriert haben - die katholische Kirche versuche nun, "eine andere Geschichte zu schreiben".

Zentralrat der Juden kritisiert Papst Benedikt

Berlin - Papst Benedikt XVI. hat Papst Pius XII. zurück auf den Weg zur Heiligsprechung gebracht - und ist dafür vom Zentralrat der Juden in Deutschland heftig kritisiert worden. "Ich bin traurig und wütend", sagte Generalsekretär Stephan Kramer. "Es ist absolut verfrüht, diesen Schritt zu machen."

Papst Pius XII. wurde wie auch Papst Johannes Paul II. am Samstag per Dekret der heroische Tugendgrad zuerkannt, der für die Seligsprechung und eine spätere eventuelle Heiligsprechung notwendig ist.

"Es ist eine deutliche Umkehrung der historischen Fakten der NS-Zeit", sagte Kramer. Die katholische Kirche versuche, "eine andere Geschichte zu schreiben". Wütend mache ihn, daß Papst Benedikt XVI. keine ernsthafte wissenschaftliche Diskussion zulasse.

Papst Pius XII. war von 1939 bis zu seinem Tod 1958 Oberhaupt der katholischen Kirche. Kritiker werfen ihm bis heute vor, nicht energisch genug gegen die von Hitler-Deutschland organisierte Vernichtung der Juden protestiert zu haben. Jüdische Vertreter legen Pius darüber hinaus zur Last, den Holocaust wissentlich ignoriert und Verfolgten nicht genug geholfen zu haben. Der Vatikan weist dies zurück und erklärt hingegen, Pius XII. habe mit stiller Diplomatie versucht, Juden zu helfen.

Papst Benedikt war sowohl von Juden als auch von Katholiken mit Nachdruck aufgefordert worden, die Heiligsprechung Pius' auszusetzen. Zunächst sollten sämtliche Archive zum Zweiten Weltkrieg ausgewertet werden, so die Forderung der Pius-Kritiker. Benedikt hatte das Dekret über die "heroischen Tugenden" 2007 erhalten und es zunächst nicht unterzeichnet. Vielmehr ordnete er eine "Zeit der Reflexion" an. Mit seinem jüngsten Erlaß brachte er Pius jedoch zurück auf den Weg zur Heiligsprechung.

wit/AFP/Reuters

 

 

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