Mit 34 Jahren wird Eugen 1697 von Kaiser Leopold mit dem Oberkommando
der Armee gegen die Türken betraut. Militärische Wunder erwartet
man von dem "kleinen Kapuzziner", wie man den Prinzen noch gelegentlich
nennt, nicht. Die Zweifler sollen bald eines besseren belehrt werden. Hätte
Eugen auf den Wiener Hof gehört, wäre er jeder Schlacht ausgewichen,
da ein Sieg alles andere als gewiß ist. Der Kaiser ist in einen Dreifrontenkrieg
verwickelt: gegen die Franzosen am Rhein, dazu in Oberitalien und gegen
die Balkanbedrohung der Osmanen. Die Kassen sind wie immer leer. Eugen
sieht sich gezwungen, von seinen Offizieren Geld zu leihen, um seine Truppen
mit Proviant zu versorgen!
Mit stählerner Energie geht er daran, die Schlagkraft seiner Armee
zu fördern. Seine gut 50.000 Mann stehen der von Sultan Mustafa II.,
dem "Weltbeherrscher" persönlich geführten, von einer
mächtigen Donauflotte unterstützten, weit überlegenen Streitmacht
des Islam gegenüber. Der Optimismus der Türken ist so groß,
daß sie schon Ketten für die zu erwartenden gefangenen kaiserlichen
Offiziere bereithalten.
Der Prinz greift zu einem strategischen Verwirrspiel, immer das zu tun,
was seine Gegner am wenigsten erwarten. Nach einem Gewaltmarsch durch die
heiße, baumlose Ebene greift er überraschend das türkische
Heer in einer umfassenden Operation an. Geniale Führungskunst und
persönliches Beispiel führen zu einem glänzenden Sieg. 25.000
gefallene Türken werden auf dem Schlachtfeld gezählt. Die Verluste
der Kaiserlichen: 28 Offiziere und 400 Mann!
In seinem Siegesbericht verweist der Prinz wieder auf die längst versprochenen
"Geld-remissa". Dieses Thema findet sich in seiner Korrespondenz
praktisch bis zum Ende seiner Karriere als Soldat. Für ihn bleiben
die Sorgen um Besoldung, Verpflegung und Ausstattung der Armee stets größer
als ein noch so mächtiger Feind.
Die Wiener Perücken können den Triumph einer überlegenen
Persönlichkeit schwer verwinden. In die allgemeine Begeisterung über
seinen Ruhm versuchen sie ihren Essig zu gießen. Wiener Tratsch läuft
um, Eugens Sieg sei nur einem reinen Wunder zu verdanken gewesen. Dazu
schreibt Hugo von Hofmannsthal 1914 in der "Neuen Freien Presse: "Eine
Welt von Feinden vor ihm; welch eine Welt aber hinter ihm: aus einer Wurzel
entsprossen, dem österreichischen Erbübel: Trägheit der
Seele, dumpfe Gedankenlosigkeit, die geringe Schärfe des Pflichtgefühls,
die Flucht aus dem Widrigen in die Zerstreuung..."
Der Kaiser erweist sich großzügig gegen seinen unvergleichlichen
Feldherrn. In die ihm vom Kaiser übertragenen Gebiete um das heutige
Belje ruft der Prinz deutsche Siedler ins Land. Wie später Friedrich
der Große läßt Eugen aus verwilderten Landstrichen eine
ertragreiche Landwirtschaft und blühende Dörfer erstehen.
Schon unter Karl V. hatten die Habsburger angefangen, eine Militärgrenze
auf dem Balkan gegen die ständigen Einfälle der islamischen Türken
aufzubauen. Einem unvorstellbar grausamen Partisanenkrieg ausgeliefert,
flüchten Kroaten, Serben und Rumänen vor den Türken, das
Herz voll Haß und Rache. Sie werden als Wehrbauern in einem tiefen,
breiten Streifen entlang der bedrohten Grenze angesiedelt. Das Land wird
ihnen zu Lehen gegeben und damit zu ihrer Heimat gemacht. Als freie Bauern
auf freier Scholle werden sie treue Vasallen des Kaisers als rettendem
Schutzherrn vor türkischer Willkür. Diese Grenzregimenter, zu
denen selbst Frauen, Greise und Kinder zählen (mit eigener Verwaltung
und Kommandohoheit), bewahrten das von ihnen fruchtbar gemachte Land und
das Hinterland vor feindlichen Überfällen. Prinz Eugen hat später
diesen Grenzstreifen mit für damalige Zeiten ungewöhnlich fortschrittlichem
Verständnis sogar als "Sanitätskordon" gegen die vordringende
asiatische Beulenpest benutzt.
Den Schockzustand der Türken ausnutzend, jagt der Prinz sie in einem
kühnen, überraschenden Ritt bis nach Sarajewo vor sich her. Parlamentäre
werden ausgeschickt, um die Übergabe der Stadt zu fordern. Als die
Türken statt dessen über sie herfallen, befiehlt der Prinz die
Zerstörung der Stadt. Auch er kann wie die Türken ohne Humanitätsanwandlungen
sein.
Schon in Bosnien ist die für Eugen typische Art der Kriegführung
erkennbar: "Er scheute kein Risiko, liebte überraschende Unternehmen,
tauchte genau dort auf, wo man ihn nicht erwartete, ließ sich nicht
von unwegsamem Gelände abschrecken... war immer an der Spitze und
konnte dabei so brutal vorgehen wie die meisten Generäle seiner Zeit."
Als im Sommer 1698 zwei Dragonerregimenter wegen ausgebliebener Löhnung
(das ewige Dilemma der Kaiserlichen) meutern und zu den Türken überlaufen
wollen, muß Eugen wieder unbarmherzige Strenge walten lassen. Zwanzig
Mann werden gehenkt, 12 erschossen, die restlichen Meuterer läßt
er spießrutenlaufen.
Nach 16 Jahren Krieg wird am 26. Januar 1699 der Friede von Karlowitz geschlossen.
"Wien lag nun, nicht zuletzt dank des Savoyer, in der Mitte eines
großen Reiches."
Durch den Tod Karls II., des letzten spanischen Habsburgers, wird der Spanische
Erbfolgekrieg ausgelöst, der Europa für 14 Jahre schwerste Verluste
und Verheerungen beschert. Bei Karl II., vom Volk auch "Der Behexte"
genannt, haben wir es mit dem Produkt jener unseligen Habsburger Heiratspolitik
zu tun, die im Interesse der Machterhaltung auch vor Inzestzucht nicht
zurückschreckte. Wenn auch die gekrönten Häupter Europas
fast sämtlich verwandt oder verschwägert waren (was sie nicht
hinderte, ihre Soldaten gegeneinander marschieren zu lassen), so war dies
nirgendwo zu einem solchen Extrem entartet wie in Österreich.
Ludwig fürchtet sich von Habsburg in die Zange genommen, als Leopold
den spanischen Thron für sich beansprucht, eine Forderung, die zum
Angelpunkt der künftigen habsburgischen Politik wird. Somit ist der
Konflikt unvermeidlich. In seinem Streben nach "gloire" sieht
der Sonnenkönig sich schon als Herrn der Welt, wenn statt Leopold
ihm die spanische Krone zufällt, und damit verbunden die gewaltigen
spanischen Besitzungen in Übersee. Diese unerfreuliche Aussicht führt
seine Rivalen auf den Plan, Holland, Brandenburg, aber vor allem England,
die sich schließlich zur "Großen Allianz" zusammenschließen.
Max Emanuel von Bayern, dem Kaiser Leopold nicht schnell genug zur erhofften
Königskrone verhilft, schlägt sich auf die Seite der Franzosen!
Ludwig verfügt über eine disziplinierte Armee, die er bald auf
450.000 aufstocken kann. Ihm gegenüber ein bunt zusammengewürfelter
Haufen von Alliierten mit 250.000 Mann. Prinz Eugen erhält den Oberbefehl
über die 30.000 Mann starken Truppen des Kaisers.
Ludwig XIV. hat drei Armeen gegen das Reich aufgestellt: Seinen Günstling
Villeroy gegen Deutschland, Marschall Boufflers am unteren Rhein, den harten
Catinat in Oberitalien. In dieser bedrohlichen Lage wissen die Mitglieder
des Regensburger Reichstags nichts wichtigeres zu tun als sich darüber
zu streiten, ob der Fürstbischof von Passau den Titel "Kardinal
der Römischen Kirche" oder aber "der Heiligen Römischen
Kirche" führen solle!
Noch vor Eingreifen der Seemächte spielen sich die ersten Kampfhandlungen
in der Lombardei ab. Eugen zeigt sich gleich zu Beginn wieder als phantasiebegabter
Stratege. Er weiß den Gegner zu überraschen und wagt, was niemand
für möglich hält. Die Franzosen haben alle gängigen
Wege in die Lombardei versperrt. Eugen wählt den Weg über die
Lessinischen Alpen, ein Unternehmen, dessen Kühnheit und Gefährlichkeit
nur mit der Alpenüberquerung Hannibals verglichen werden kann.
Nach einem Katz- und Mausspiel mit nächtlichen Gewaltmärschen,
plötzlichen Richtungswechseln und anderen Täuschungsmanövern
stellt Eugen den völlig verwirrten Catinat zur Schlacht, wobei er
seine sechste Verwundung erleidet. Eine an seinem Knie eingedrungene Gewehrkugel
drückt er selbst heraus, besteigt sofort wieder sein Pferd und kommandiert
weiter.
Ein verbitterter Ludwig kanzelt seinen alten erfahrenen Feldherrn ab, weil
er sich von dem jungen Savoyer ins Bockshorn hatte jagen lassen. Er wirft
ihm vor, sich an starre Normen gehalten zu haben, während der Prinz
"gegen alle Regeln der Kriegskunst" gesiegt hatte.
Beeindruckt vom Siegeszug des Prinzen gegen die Franzosen in Italien, treten
die Engländer am 7. September auch formell der Allianz bei. Eugens
Prophezeiung erfüllt sich: "Beginnen wir zu marschieren, und
wir werden bald Verbündete finden."
In der berühmten Geigenstadt Cremona hat Villeroy, der Nachfolger
Catinas, sein Hauptquartier aufgeschlagen. Prinz Eugen stöbert ihn
mit einem der tollkühnsten Kommandounternehmen der Kriegsgeschichte
auf. In einer stockdunklen, regnerischen Nacht dringt eine kleine Schar
durch einen nur 1/2m breiten Kanal in die Stadt ein. Der wahnwitzige Überfall
wäre um Haaresbreite geglückt. Villeroy wird gefangengenommen,
aber Eugens schwache Truppe findet sich überraschend frischen französischen
Einheiten gegenüber.
Die Franzosen können zwar Cremona behaupten, doch der Schock sitzt
ihnen in den Gliedern, daß niemand mehr vor dem "teuflischen
Prinzen" sicher sein kann. Eugens Husarenstück wird von Freund
und Feind gleichsam bewundert. Friedrich der Große, einer der größten
Verehrer des Prinzen, schreibt in seinen "Betrachtungen über
Feldzugspläne": "...so hätte ein einziges ausgehobenes
Quartier die Lombardei, Mantua und Parma dem österreichischen Zepter
gewonnen."
Nur in Wien versuchen Eugens Widerspieler, statt sich um die notwendigste
Ausrüstung seiner Armee zu kümmern, ihn weiterhin beim Kaiser
in ein schlechtes Licht zu setzen. Eugen hat allen Grund, sich über
"den völlig desolaten Zustand seiner Lumpensoldaten" zu
beklagen. Es fehlt an Geld, an Proviant, an Futter für die Pferde.
Es fehlt vor allem Munition. Die Monturen seiner Soldaten sind zerfetzt.
Krankheiten und Desertierungen unterhöhlen die Kampfkraft seiner Truppen.
Doch die Wiener Hofschranzen reagieren kaum. So sieht sich der Prinz gezwungen,
andere als die offiziellen Kanäle zu versuchen. Zum ersten Mal zeigt
er neben seinem Feldherrntalent seine Begabung für die Diplomatie.
Wohl wissend um des Kaisers Abhängigkeit vom hohen Klerus scheut er
sich nicht, ihn durch den Jesuitenpater Bischoff zu bewegen, seiner Armee
von "18.000 zerrissener, uncontentierter und abgemagerter Miliz"
gegenüber einem 80.000 Mann zählenden, wohlausgerüsteten
Feind, zu helfen.
Die Auffrischung seiner abgehärmten Soldaten wird um so notwendiger
, als Ludwig dem Marschall Vendome, einem ausgezeichneten Soldaten und
Vetter und Jugendgespielen Eugens den Oberbefehl in Italien erteilt. Auch
gegen diesen Vetter versucht der Prinz einen ähnlichen Kommandoschlag
wie vorher gegen Villeroy. Nur durch einen unglücklichen Zufall schlägt
der Handstreich fehl. In der folgenden Schlacht bei Luzzara verliert Eugen
seinen besten Freund, den Prinzen von Comomercy. Er hatte den weit überlegenen
Vendome angegriffen, als dieser ihn durch eine Zangenoperation vernichten
wollte.
Kränkelnd und ausgelaugt kommt der Prinz nach fast zwei Jahren wieder
in der Hauptstadt an. Was ihn dort erwartet, übertrifft seine schwärzesten
Befürchtungen. Wien schwelgt im Karnevalsvergnügen - trotz der
katastrophalen Finanzlage und Hiobsbotschaften von allen Fronten.
Wieder einmal muß er um seine "nackte und bloße Armee"
kämpfen. Rücksichtslos prangert er die Dummheit und Unfähigkeit
von Hofkriegsrat und Hofkammer an. "Mit den Ministern des Kaisers
redet man wie gegen eine Mauer", schreibt er. "Alles an diesem
Hof ist von schrecklicher Nachlässigkeit und Ignoranz. Wenn nicht
bald Hilfe kommt", so bedrängt er den Kaiser, "könnte
nur Gott selbst durch ein Mirakel rettend wirken." Täglich innig
in seiner Kapelle betend, vertraut der fromme und alternde Leopold fest
auf das Eintreten dieses Wunders. Eugen erwägt schon, alles hinzuwerfen.
Da ernennt der Kaiser überraschend am 27. Juni 1703 den Prinzen zum
Präsidenten des Hofkriegsrates.
"Es war ein Schreckenstag für die Perücken," schreibt
Czibulka. "Aber auch in andere Kanzleien fuhr der Sturmwind der Verjüngung."
Es war höchste Zeit, denn die Hofkammer war zahlungsunfähig,
der Staat bankrott. In dieser Lage gleicht die Ernennung Eugens der eines
Admirals, dessen Flotte nicht mehr existiert.
Die Lage Wiens ist nahezu verzweifelt. In Italien stößt Vendome
nach Tirol vor. Am Rhein werden die kaiserlichen Truppen geschlagen. Max
Emanuel von Bayern hat sich mit den Franzosen an der Donau vereinigt, und
in Ungarn flammen Aufstände auf. Eine falsche Politik Wiens hatte
den Unabhängigkeitswillen der Ungarn entfacht. Von Frankreich mit
Geld und Munition versorgt, stoßen die aufsässigen Kurutzen,
Bauernarmeen unter dem Fürsten Rakoczky, gen Wien vor. Eugen nimmt
alle Einwohner der Stadt von 18-60 Jahren für die Errichtung von Schutzwällen
heran. Man befürchtet, daß die Türken, vom Siegesmarsch
der Kurutzen ermuntert, sich dem Sturm aus dem Osten anschließen.
Inmitten der täglich von allen Fronten einlaufenden Unglücksbotschaften
geht der Prinz mit aller Energie an die Arbeit. Er weiß, was die
Stunde erfordert: Sanierung der Finanzen des Reiches, Überholung der
Verwaltung, Verstärkung des Heeres und Anhebung seiner miserablen
Ausrüstung. Doch Eugen erteilt nicht nur gute Ratschläge. Er
kennt auch die Mittel und Wege zur Erreichung dieser Ziele. Mehr als einmal
gerät er bei dem Dämmerschlaf einer selbstzufriedenen Beamtenaristokratie
mit ihren ständigen Widerständen und Intrigen in Versuchung,
seinen Rücktritt anzubieten. Doch mit einem geradezu übermenschlichen
Beharrungsvermögen und unter Mithilfe williger und begabter Mitarbeiter
in den unteren Rängen setzt er sich durch.
In der Armee schafft er den Stellenkauf ab. Künftig sollen Generäle
und Offiziere nur nach ihrer Begabung und ihren Leistungen befördert
werden. Um die zerrütteten Finanzen anzuheben, bewirkt er bei Leopold,
daß der bis dahin weitgehend von Steuern befreite Klerus und der
höhere Adel zur Kasse gebeten werden. Mit dem Steigen der Einnahmen
fühlen sich auch die reichen Alliierten ermuntert, Wiens leere Kassen
aufstocken zu helfen. Eugen hatte seine Fähigkeit bewiesen, mit Geduld,
eiserner Selbst-beherrschung und Geschicklichkeit einen wahren Augiusstall
auszuräumen.
Eine gute Kunde aus Italien erhellt ein wenig die allgemein düstere
Lage. Victor Amadeus von Savoyen erwägt wieder einmal einen Frontwechsel.
Des anmaßenden Treibens der Franzosen in seinem Land müde, versucht
er nun sein Glück von neuem an der Seite der Alliierten.
Der begrüßenswerte Entschluß Victors ist nur ein geringes
Gegengewicht gegen die Ansammlung einer bayrisch-französischen Armee
in Süddeutschland unter Max Emanuel und General Marsin. Eine weitere
Armee schickt sich zum Einmarsch nach Bayern an. Graf Wratislaw, der österreichische
Gesandte in London, bemüht sich krampfhaft, die Engländer zur
Verlegung ihrer in den Niederlanden stehenden Truppen in das bedrohte Süddeutschland
zu bewegen. Deren Befehlshaber, der Herzog von Marlborough, stellt die
Bedingung, daß Prinz Eugen mit ihm an die Front komme. Mit Freuden
ergreift dieser die Chance, wieder an der Spitze einer Armee zu kämpfen,
statt sich mit den Perücken des Hofkriegsrates herumzuschlagen.
Am 10. Juni 1704 erfolgt die erste Begegnung des Prinzen mit dem 13 Jahre
älteren Marlborough., eine Begegnung, die zu einer achtjährigen
Zusammenarbeit mit bedeutenden Erfolgen führen soll. Es wäre
naiv anzunehmen, daß dem eleganten, wegen seiner Schönheit berühmten
und als habsüchtig bekannten Engländer an der Rettung des Reiches
gelegen war. Aber ein Zusammenbruch der kaiserlichen Macht hätte dem
Franzosenkönig erlaubt, seine gesamten Kräfte gegen Engländer
und Holländer zu werfen.
Im Gegensatz zu den üblichen Rivalitäten in der Generalität
der meisten Armeen ist das Verhältnis zwischen Eugen und Marlborough
durch gegenseitige Achtung und Verständnis für die Handlungsweise
des anderen bestimmt. Da wo er es für notwendig hält, ist Eugen
im Interesse der Sache feinspürig genug, dem Briten den Vortritt zu
lassen. Seine Fähigkeit zu Kompromissen und sein taktvolles Benehmen
im Interesse reibungsloser Zusammenarbeit ermöglichen eine seltene
Harmonie in ihren Entschlüssen.
Die erste Maßnahme Marlboroughs, die Verwüstung und Plünderung
der von ihm besetzten Teile Bayerns unter bewußter Aussparung der
fürstlichen Schlösser, ist ein Fehlschlag. Max Emanuel zieht
es vor, seine Untertanen leiden zu lassen, statt sich durch die Not seines
gebrandschatzten Landes zur Aufgabe seines Bündnisses mit den Franzosen
bewegen zu lassen.
Inzwischen rücken aus dem Westen zwei weitere französische Armeen
an. Die Truppen Eugens und Marlboroughs stehen in der Nähe des Dorfes
Höchstädt. Von einem nahegelegenen Kirchturm kann der Prinz die
Stellungen des Gegners beobachten. Es ist charakteristisch für ihn,
sich nie auf die Angaben anderer zu verlassen, sondern vor jeder Schlacht
höchstpersönlich die Lage zu erkunden. Ebenso durchdenkt er vorher
wie auf dem Schachbrett alle möglichen Risiken und Probleme, ehe er
dann "wenn der Augenblick zum Handeln gekommen ist, mit voller Kraft
und Aktivität dabei ist". Das Geheimnis der großen Siege
des Prinzen ist neben seinem sprichwörtlichen Draufgängertum
seine stets überlegene Strategie.
Fortsetzung hier . . .