Zitat aus einer Rede des estnischen Staatspräsidenten, Lennart
Merl, im Oktober 1995, die er anläßlich der Feierlichkeiten
zum fünften Jahrestag der Wiedervereinigung Deutschlands gehalten
hat.
Es heißt in seiner Rede:
"Als Este . . . frage ich mich: Warum zeigen die Deutschen so wenig Respekt vor sich selbst? Deutschland ist eine Art Canossa-Republik geworden, eine Republik der Reue. Aber wenn man die Moral zur Schau trägt, riskiert man, nicht sehr ernst genommen zu werden. Als Nicht-Deutscher erlaube ich mir die Bemerkung: Man kann einem Volk nicht trauen, das rund um die Uhr eine intellektuelle Selbstverachtung ausführt. Diese Haltung wirkt auf mich als ein Ritual, eine Pflichtübung, die überflüssig und sogar respeklos gegenuber unserem gemeinsamen Europa dasteht.
Um glaubwürdig zu sein, muß man auch bereit sein, alle Verbrechen zu verurteilen, überall in der Welt - auch dann, wenn die Opfer Deutsche waren oder sind.
Fur mich als Este ist es kaum nachzuvollziehen, warum die Deutschen ihre eigene Geschichte so tabuisieren, daß es enorm schwierig ist, über das Unrecht gegen die Deutschen zu publizieren oder zu diskutieren, ohne dabei schief angesehen zu werden - aber nicht etwa von den Esten oder Finnen, sondern von Deutschen selbst.
Bevor wir uberhaupt an eine neue Weltordnung zu denken beginnen, brauchen wir vor allem historische Aufrichtigkeit und Objektivitat."
Bemerkung eines Lesers: In der "freien" Bundespresse wurde diese
Rede totgeschwiegen. Warum wohl?