Der deutsche Grabert-Verlag vor Gericht

Im vergangenen Frühjahr wurde kurz nach Versenden des Heftes Nr. 1/2006 von Deutschland in Geschichte und Gegenwart die Restauflage auf eine entsprechende Verfügung des Amtsgerichts Tübingen hin im Grabert-Verlag beschlagnahmt: Der auf Seite 10 bis 12 aus einer finnischen Zeitung nachgedruckte Artikel "Bericht aus Finnland" von Henrik E. Holappa über dortige Multikulti-Gefahren sei ausländerfeindlich und erfülle deswegen den Tatbestand der "Volksverhetzung". Gegen den Herausgeber der Zeitschrift, den Verleger Wigbert Grabert, wurde gleichzeitig ein Strafverfahren eingeleitet, das trotz ausführlicher Eingabe eröffnet wurde.

Die Hauptverhandlung fand am 18. Januar und 6. Februar 2007 vor dem Tübinger Amtsgericht jeweils ab 14 Uhr statt. Die von dem Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Dr. Thor von Waldstein gestellten fünfzehn Beweisanträge wurden fast sämtlich von Amtsrichter Hirn abgelehnt, der sich damit wenig neutral erwies. In einem kurzen, sehr dürftigen Plädoyer wiederholte der Oberstaatsanwalt Ernst Rößner den Vorwurf des Aufrufs zum Rassenhaß und der Aufstachelung gegen Teile der Bevölkerung sowie deren Beleidigung in dem Artikel, was als "Volksverhetzung" nach §130 des Strafgesetzbuches zu werten sei. Er beantragte für den Herausgeber eine Haftstrafe von neun Monaten, auf vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt, sowie eine zusätzliche Geldstrafe von 4800.-Euro und die Übernahme der Verfahrenskosten.

In einer äußerst brillanten, über einstündigen Verteidigungsrede legte Rechtsanwalt von Waldstein zunächst ausführlich dar, warum der Angeklagte freizusprechen wäre: Der strittige Artikel handele von finnischen Verhältnissen, betreffe nicht Deutschland und könne keine Minderheit in der Bundesrepublik beleidigen; der Herausgeber mache sich - wie ausdrücklich im Impressum der Zeitschrift stehe - nicht alle Meinungen der Autoren zu eigen; das Grundgesetz garantiere Meinungs- und Pressefreiheit; es liege weder ein Aufruf zu Gewalttaten noch Beleidigung oder Volksverhetzung vor. Daneben rügte der Verteidiger eine ganze Reihe von Verfahrensfehlern und Verstößen gegen die Strafprozeßordnung vor und an den beiden Verhandlungstagen.

Im zweiten Teil seiner Rede führte von Waldstein dann aus, warum der Angeklagte dennoch in diesem Verfahren verurteilt werde: Es liege ein politischer Prozeß vor, wozu er ausführlich den großen Strafverteidiger Professor Dr. Friedrich Grimm zitierte; die herrschende politische Korrektheit verlange Verurteilung; dem unbequemen Verleger solle ein mehrjähriger "Maulkorb" verabreicht werden; die Richterschaft stehe unter starkem politischem Druck, und unfolgsamen Richtern drohe Gehaltskürzung und Pensionierung.

Er beantragte Freispruch für den Angeklagten.

Nach längerer Pause sprach Richter Hirn gegen 21 Uhr das Urteil: Haftstrafe von drei Monaten wegen "Volksverhetzung", ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung, und 3000.- Euro Geldstrafe mit Übernahme der Gerichtskosten. Der Rechtsstaat hat damit wieder eine Schlacht verloren.

DGG

Quelle: GRABERT-VERLAG,
Wigbert Grabert, Sindelfinger Straße 5/3, 72070 Tübingen