Ein "Mythos"?

11. Dezember 2006

Der iranische Außenminister Mottaki hat am Montag in Teheran eine zweitägige Konferenz zum Holocaust eröffnet, an der sich neben Revisionisten aus dem Westen auch orthodoxe Rabbis beteiligen, die aus religiösen Gründen die Existenz des Staats Israels ablehnen.

Weder sei Ziel der Konferenz, den Holocaust zu leugnen noch ihn zu bestätigten, sagte Mottaki. Lediglich diene sie jenen Intellektuellen, die in ihren Heimatländern ihre Meinung nicht frei äußern könnten, als Plattform für einen offenen Austausch zu einem historischen Ereignis. Geschichte werde stets von den Siegern geschrieben. Ihre Verbrechen fielen in Vergessenheit, die Leugnung des Holocausts werde aber zu einem Strafdelikt, sagte Mottaki.

Ein "Mythos"?

Israelfeindliche Rabbis und ein muslimischer Geistlicher tauschen sich aus

Präsident Ahmadineschad war nicht zur Eröffnung der Konferenz erschienen. Er hatte den Holocaust vor einem Jahr einen "Mythos" genannt und zur Zerstörung Israels aufgerufen. Während seines Besuchs bei den Vereinten Nationen im September hatte er dagegen gesagt, wenig sei über den Holocaust bekannt und vielleicht habe es sogar "neun Millionen Opfer" gegeben. Angeblich um dies zu untersuchen, lud er zu der Konferenz nach Teheran ein. Ahmadineschad hielt am Montag eine Rede an der Teheraner Universität Amir Kabir. Sie wurde durch eine Gruppe von Studenten unterbrochen (siehe auch: Studentenproteste in Iran: "Tod dem Diktator" ).

Die iranischen Medien hatten die Holocaust-Konferenz totgeschwiegen. Iranische Regierungsvertreter, die nicht genannt werden wollten, äußerten ihr Unbehagen. Offenbar bestand im Regierungsapparat wenig Begeisterung, sie vorzubereiten. Iran habe größere eigene Probleme.

In einer Zeit, in der auf Iran der Druck wegen des Atomprogramms zunehme, helfe diese Konferenz nicht, hieß es. Beobachter nennen als einen Grund für Ahmadineschads Beharren auf dem Thema, daß er mit der Rückkehr zu einem tragenden Pfeiler der islamischen Revolution seine Gegner innerhalb der Geistlichkeit auf Distanz halte. Auch habe er mit seinen Äußerungen einen äußeren Feind geschaffen und eine militärische Bedrohung Irans heraufbeschworen, die er als Legitimation für seine Politik benötige.

Beinah alle 40 Referenten, die an den beiden Tagen der Konferenz sprechen sollen, leugnen den Holocaust. Das traf auch für die meisten Zuhörer zu. Sie kamen aus Iran und der arabischen Welt, aber auch aus Amerika und Europa. Offiziell waren unter den 67 ausländischen Gästen aus 30 Staaten zwei Deutsche; sechs weitere seien "als Touristen" angereist. Der französische Revisionist Robert Faurisson nannte den Holocaust unter dem Beifall des Publikums einen "Mythos". In Frankreich sei ein Treffen wie dieses nicht möglich, klagte er.

Zwei deutsche Teilnehmer

Den Leugnern hielt lediglich der britische Rabbi Ahron Cohen entgegen, der Holocaust sei "umfassend dokumentiert" und das Verbrechen sei derart grauenhaft gewesen, daß es keine Rolle spiele, wie viele Millionen getötet worden seien. Der orthodoxe Rabbi sprach sich für die Auflösung des Staats Israels aus und die Rückgabe des Landes an die Palästinenser. Denn das Exil des jüdischen Volks sei gottbefohlen. Er klagte die Zionisten an, beim Holocaust mit den Nationalsozialisten gemeinsame Sache gemacht zu haben, um die Gründung eines säkularen, nationalistischen Staats Israel zu erleichtern.

Zu den deutschen Teilnehmern zählten das Kölner NPD-Mitglied Benedikt Frings und der in Dänemark lebende Christian Lindner. Der ehemalige NPD-Vorsitzende Günther Deckert war in Frankfurt an der Ausreise gehindert worden, Horst Mahler trat am 15. November eine Gefängnisstrafe an. In einem Brief an Präsident Ahmadineschad vom 14. November lobte Mahler die Konferenz über den "nie bewiesenen Genozid" als "welthistorische Tat". Damit habe Ahmadineschad das "Tor zur Wahrheit" geöffnet. Der österreichische Revisionist Wolfgang Fröhlich, der eben eine zweijährige Haftstrafe verbüßt hat, zog auf Anraten seines Rechtsanwalts seinen Vortrag zurück. Der Anwalt von Ernst Zündel, Herbert Schaller, sprach über das Strafverfahrensrecht in Deutschland und Österreich.

Der österreichische Rabbi Moshe Friedman klagte die Zionisten an, mit ihrer "Holocaust-Religion" die wahre Religion des Judentums beseitigt zu haben. Palästina gehöre nicht den Juden, sondern den Palästinensern, sagte Friedman, einer der acht ultraorthodoxen Rabbis, die an der Konferenz teilnehmen. Sie alle tragen Anstecker mit der israelischen Flagge, die mit einem breiten roten Balken durchgestrichen ist. In jüngster Zeit seien die Muslime Opfer eines Holocausts durch den israelischen Staat geworden.

     Text: Her., F.A.Z.
     Bildmaterial: Reuters