Die gefürchtete iranische Holocaust-Konferenz:

In Berlin lädt die Bundeszentrale zu einer Gegen-Konferenz

 

Quelle: Berliner Zeitung, 12.12.2006
     http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/tagesthema/611614.html

HOLOCAUST - In Teheran treffen sich Leugner des Völkermords an den Juden zu einem anti-semitischen Forum. Die Staatengemeinschaft reagiert empört. In Berlin lädt die Bundeszentrale zu einer Gegen-Konferenz.

Martin Ebbing

TEHERAN. Irans Außenminister Manuchehr Mottaki bemühte sich um Gelassenheit. "Wir wollen nur einen Teil der Geschichte im Zweiten Weltkrieg klarstellen, aber dafür werden wir vom Westen als Unterstützer der Nazis und als Antisemiten dargestellt", sagte Mottaki am Montag bei der Eröffnung der sogenannten Holocaust-Konferenz. Doch die weltweite Empörung hätte er vorhersehen können. Sein Präsident Mahmud Ahmadinedschad hatte die Tagung im vergangenen Jahr angeregt, er hatte damals den Völkermord an den Juden durch die Nationalsozialsten als "Mythos" bezeichnet und dabei auch das Existenzrecht Israels bestritten.

Bedenken der Diplomaten

Schon damals hatte es Proteste in aller Welt gegeben. Gestern nun durften in Teheran Leugner des Holocaust unter dem angeblichen Vorwand der Wissenschaftlichkeit reden, sie durften Thesen vortragen, die andernorts - etwa in Frankreich, Deutschland oder Österreich - strafrechtlich verfolgt werden.

David Duke etwa ist eine führende Figur unter den weißen Rassisten der USA. Er freute sich, dass in Teheran frei gesagt werden könne, was einmal gesagt werden müsse. Seiner Ansicht nach sei es ein Skandal, dass über den Holocaust in Europa nicht frei diskutiert werden könne. Der Deutsch-Australier Frederick Töben strahlt vor jeder TV-Kamera darüber, wie gut es tue, endlich freie Luft atmen zu können.

Die beiden Männer gehören zu den 67 Rednern, die vom iranischen Außenministerium nach Teheran zu der zweitägigen Konferenz eingeladen worden sind. Von Experten mochte niemand reden, denn die wenigsten sind Historiker und die wenigsten haben einen wissenschaftlichen Hintergrund.

Der Westen, sagt Minister Mottaki, nehme wie in der Politik auch die Dominanz in der Interpretation der Geschichte für sich in Anspruch. Diesen Alleinvertretungsanspruch wolle man brechen. Er versprach, das Ergebnis der Studien sei absolut offen, und klagte Europa an, auf kritische Fragen zum Holocaust mit Strafverfolgung zu antworten.

Die Redner in Teheran sprechen deshalb viel vom Holocaust. Viel aber auch über die rechtliche Verfolgung, der sie in Europa ausgesetzt seien. Sie fordern Meinungsfreiheit. Flugblätter werden verteilt, die die Freilassung von David Irving und Ernst Zündel fordern. Beide sitzen wegen Leugnung des Holocaust in Haft.

In Teheran geht es nur vordergründig um Wissenschaftlichkeit. Die Veranstaltung ist ein rein politisches Unternehmen, das Ahmadinedschad auch gegen den Widerstand im eigenen Land durchsetzen musste. Vielen Diplomaten ist es hochpeinlich, sich für solch ein dubioses Vorhaben hergeben zu müssen. Sie haben versucht, dem Präsidenten den Plan mit dem Hinweis auszureden, dass die Tagung dem Iran nur schade. Aber Ahmadinedschad hat darauf bestanden. Ihm geht es um die schlichte Provokation. Ihm gefällt es, einen Aufschrei auszulösen und im Mittelpunkt zu stehen. Das eint die zerrissene Nation und bringt ihm Zustimmung unter radikalen Islamisten.

Geringes Interesse in Iran

Am Dienstag wird die Tagung das Thema "Juden im Iran" erörtern. Irans Führung will das Land damit als toleranten Staat präsentieren. Doch die Vertreter der jüdischen Gemeinde haben eine Teilnahme empört abgelehnt. Und Maurice Motamend, der einzige jüdische Abgeordnete in Irans Parlament, erklärt: "Diese mehrfach historisch bewiesene Tatsache in Frage zu stellen, hat die Juden im Iran in der Tat sehr empört."

In den iranischen Schulen wird nicht über den Holocaust geredet. Doch die Mehrheit der Iraner interessiert die Veranstaltung kaum. Sie sind die dauernden anti-israelischen Parolen leid und haben andere Sorgen. Und als im Sommer eine Ausstellung mit Karikaturen zum Holocaust gezeigt wurde, ließ sich kaum ein Besucher blicken.