Werner Kretschmer1
In letzter Zeit ist gelegentlich die Meinung geäußert worden,
daß NS- und Gaskammerprozesse in unserer Zeit den Charakter von Hexenprozessen
haben. Nachfolgend sollen einige Hauptcharakteristika der mittelalterlichen
Hexenprozesse erläutert und die Parallelen und Unterschiede zu den
heutigen strittigen Strafprozessen aufgezeigt werden. Diese einführende
Studie sollte zudem Anlaß sein, die dahinter stehenden Streitfragen
einmal in einer Examensarbeit tiefergehend zu behandeln.
Die Hexerei
Papst Innozenz VIII erließ 1487 den Malleus maleficarum, zu deutsch
Hexenhammer, in dem alle Einzelheiten der Straftat 'Hexerei' bzw. 'Zauberei'
niedergelegt sind.2 Wollte man alle Details aufführen, so müßte
man Bücher darüber schreiben. Kurz gefaßt läßt
sich darüber sagen, daß alle nur erdenklichen Missetaten, Unmenschlichkeiten,
körperliche wie geistige Abnormalitäten und Perversitäten
sowie alle erdenklichen Greuelmärchen und Phantasiegeschichten zu
diesen Straftaten gehörten, auch wenn sie noch so sehr dem gesunden
Menschenverstand, dem technisch oder naturwissenschaftlich Möglichen
zuwiderliefen. Es soll aber auch vorgekommen sein, daß einfache Betrüger,
Giftmischer und Mörder, also tatsächliche Straftäter, der
Hexerei angeklagt wurden. Der Hexerei verdächtigt werden konnte im
Prinzip jeder.
Die NS-Massenverbrechen
Wenden wir uns den heutigen NS- und Gaskammer-Prozessen zu:
1. Der zeitgeschichtlich gebildete Leser wird ohne Zweifel an die vielen
bezeugten angeblichen Straftaten im Zusammenhang mit der vermeintlichen
Massenvernichtung der Juden erinnert, die den Gruselfabriken Hollywoods
zu entstammen scheinen und ebenfalls alles nur erdenklich Perverse beinhalten.
2. Auch die Anhäufung von naturwissenschaftlich Unsinnigem und Unmöglichem
ist weit verbreitet.3
Dennoch gibt es einen Unterschied: Von 'Hexerei' und 'Zauberei' ist in
der technik- und naturwissenschaftsgläubigen Jetztzeit nicht die Rede,
auch wenn hier und da offensichtlich das Vorgeworfene nur mit ebensolcher
erklärbar wäre. Die Tatvorwürfe der Neuzeit beruhen vielmehr
auf Dingen, von denen die Anklage überzeugt ist, daß sie mit
den möglichen technischen und naturwissenschaftlichen Realitäten
nicht im Konflikt stehen. Während früher der Tatvorwurf direkt
'Hexerei' lautete, müßte man heute vielfach die 'Hexerei' bemühen,
um den Tatvorwurf halten zu können. Schließlich sind die neuen
Prozesse nur auf die vermeintlichen Straftäter von früher beschränkt.
Gleichwohl tendieren Ankläger und Öffentlichkeit dazu, alle Angehörigen
bestimmter damaliger, z.T. amtlich als verbrecherisch eingestufter Organsationen
(SS, Waffen-SS, Reichswehr) als Täter oder zumidest Beihelfer zu verdächtigen.
Stellenweise wird sogar eine ganze Generation als Tätergeneration
zumindest moralisch in Haftung genommen. Dem Verdacht des Bezweifelns oder
gar Abstreitens bezeugter Vorgänge kann freilich auch heute jeder
ausgesetzt werden, was neben gesellschaftlicher Ausgrenzung und Verfolgung
auch harte strafrechtliche Ahndung zur Folge haben kann.
Hexenverfolgung
Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts galt 'Hexerei' in deutschen Landen nur
dann als strafwürdig, wenn sie betrügerisch zutage trat. Erst
im Laufe des 16. Jahrhunderts setzte sich die Überzeugung durch, daß
'Hexerei' generell eine Straftat sein.4 Die 'Hexerei' galt ab da wie der
Hochverrat, der Raub, die Falschmünzerei und die Majestätsbeleidigung
als außerordentliches Verbrechen (crimen excepta). Zur Verfolgung
dieser Verbrechen mußte im Gegensatz zum Akkusationsfall keine Anzeige
eines Beschädigten erfolgen. Das Verbrechen wurde ex officio,
also von Amts wegen verfolgt (Offizialdelikt). Die 'Hexerei' erhielt darüber
hinaus die Stellung eines crimen atrox, also des schlimmsten Verbrechens
überhaupt, da sie im Bündnis mit dem Teufel, also dem Schlechten
schlechthin erfolgte. Die Strafprozeßordnung sah vor, daß es
die Aufgabe der Richter sei, bei solchen Prozessen die normale Gerichtsordnung
nicht zu wahren. Ebenso war die 'Hexerei' ein Verbrechen, das niemals verjährte.
Selbst der Leichnam einer 'Hexe' durfte exhumiert und entehrt werden.
Nazi-Verfolgung
Parallelen zu NS- und Gaskammer-Prozessen sind nicht zu übersehen:
1. Die vermeintliche Beteiligung an der Massenvernichtung der Juden sowie
die Bestreitung dieser Vorgänge sind in vielen Ländern, u.a.
in Deutschland ebenfalls Offizialdelikte, die bei Bekanntwerden vom Staat
verfolgt werden müssen.5
2. Die Grundlage der heutigen Prozesse sind die alliierten Siegertribunale,
in deren Statuten Bestimmungen enthalten sind, die auch hier darauf hindeuten,
daß eine rechtsstaatliche Strafprozeßordnung in diesen Fällen
nicht befolgt werden mußte. Herausragend sind die folgenden Artikel
der Londoner Statuten, die eigens für das Militärtribunal in
Nürnberg festgelegt wurden: Art. 19: Der Gerichtshof ist an Beweisregeln
nicht gebunden. Art. 21: Der Gerichtshof soll nicht Beweis für
allgemein bekannte Tatsachen fordern, sondern soll sie von Amts wegen zur
Kenntnis nehmen [...] Auch der Chefankläger, Jackson, führte
in seiner Anklagerede aus, daß dieser Gerichtshof nicht an die üblichen
einschränkenden Bestimmungen gebunden ist.6 Auch in Verfahren gegen
die Bestreiter damaliger angeblicher Verbrechen wird die Strafprozeßordnung
zunehmend außer Kraft gesetzt. Auf Druck der Öffentlichkeit
sehen sich die Richter vor der alternative, die Angeklagten ohne Anhörung
ihrer Argumente zu hohen Haftstrafen zu verurteilen, wenn sie nicht selbst
mit einer Richteranklage konfrontiert werden wollen.7
3. Wer wollte anzweifeln, daß die Verquickung mit den vermeintlichen
verbrecherischen Geschehnissen von damals heute so dargestellt wird, als
sei man ein Bündnis mit dem Schlechten schlechthin, mit dem fabrikmäßig
massenmordenden, teufelsgleichen NS-Regime eingegangen? Diese psychologische
Komponente des Teuflischen macht gerade die angebliche Einzigartigkeit
deutscher Verbrechen aus. Auch das Bestreiten angeblicher Verbrechen wird
inzwischen als eine der größten Untaten angesehen, die denkbar
ist.
4. Immer wieder hat der Deutsche Bundestag dafür gesorgt, daß
die hier angesprochenen angeblichen Verbrechen nicht verjähren.8 Die
Aufhebung der Verjährung gilt natürlich nur für vermeintliche
deutsche Verbrechen. So erklären sich z.B. die jüngst durchgeführten
Prozesse gegen Demjanjuk, Weise und Schwammberger.9
5. Der Fall des Dr. Mengele, ehemals Arzt in Auschwitz, hat seinerzeit
deutlich gezeigt, daß auch die Angeklagten der neueren Strafverfolgung
nicht ruhen können, wenn sie tot sind. Dr. Mengeles Leichnam wurde
seinerzeit in Südamerika exhumiert und in der ganzen Welt vorgeführt.
Auch die Gräber oder Überreste anderer NS-Größen werden
gelegentlich zu Themen schauriger Presseberichte.10
Die Hexenprozesse
Bei den damaligen Hexenprozessen waren Denunziationen, Zeugenaussagen und
Geständnisse entscheidend. Da das Geständnis häufig als
notwendig erachtet wurde, sind grausamste Foltermethoden angewendet worden,
um diese zu erhalten. Späterhin wandte man zunehmend feinere Methoden
an, wie Suggestivfragen, falsche Versprechungen, vorgetäuschte Hinrichtungen,
Spitzel u.a., weil dadurch bessere Erfolge zu erzielen waren als mit Folterungen.
Auch die Inhaftierung für Monate oder gar Jahre unter unmenschlichen
Bedingungen machte die Menschen geständig. Allerdings gab es
auch Verurteilungen nur auf Grund von Zeugenaussagen. Die Zeugen der Anklage
jedoch bleiben häufig anonym, wurden nicht verhört und erhielten
hohe Belohnungen. Diese Zeugen mußten einen Eid ablegen, daß
nur ihr Eifer für die Gerechtigkeit sie zu der Aussage trieb und sonst
nichts. Selbst meineidige Belastungszeugen wurden gehört, Zeugnisse
von Belastungszeugen waren immer gültig. Verstocktes Leugnender
Angeklagten zeugte von einem festen Bund mit dem Teufel und führte
wegen Uneinsichtigkeit und mangelnder Reue zu härterer Behandlung
und Strafe. Als nach einiger Zeit die Prozeßmethoden im Volk bekannt
waren, wurde es immer weniger nötig, zur Folter zu greifen, da jeder
wußte, daß nur die schnelle Reue eine milde Behandlung und
ein mildes Urteil bewirken konnte. Selbst normal ablaufende Akkusationsprozesse
führten in der Regel zum Schuldspruch, da die Tat als solche von Anfang
an feststand und nur der genaue Tathergang festgestellt werden mußte
sowie das Strafmaß festzulegen war. Vielfach wurden Mitmenschen belastet,
um sich selber einer Verfolgung zu entziehen oder um den eigenen Prozeß
zu erleichtern.
NS- und Leugner-Prozesse
1. Die Folterungen vieler deutscher Angeklagter in den alliierten Nachkriegsprozessen
sind vielfach dokumentiert und unbestritten. Auch sonst gleichen die Bedingungen,
denen die Angeklagten dieser Prozesse ausgesetzt waren, bis in kleinste
Details den Hexenprozessen.11 In den nachfolgenden bundesdeutschen Prozessen
dürften Mißhandlungen hingegen die Ausnahme gewesen sein. Da
man im Gegensatz zu den Hexenprozessen in der Bundesrepublik keinen hohen
Wert auf ein Geständnis legte, reichten auch belastende Zeugenaussagen
zur Verurteilung.
2. Auch die Möglichkeit, sich vor Schlimmerem zu retten, indem man
Dritte beschuldigte, ist ohne Zweifel genutzt worden.
3. Viele Zeugen der Anklage blieben anonym, keiner wurde - aufgrund der
völligen Untätigkeit der Verteidigung - je einem Kreuzverhör
unterzogen oder materiellen Beweisen gegenübergestellt. Die Belastungszeugen
erhielten unglaubliche Zeugengelder, ja rühmten sich sogar dieses
einträglichen Geschäftes. Eine Vielzahl von Belastungszeugen
wurde von offiziellen Behörden im Sinne der Anklage massiv beeinflußt.
4. Natürlich wurden auch von diesen Zeugen stellenweise Eide verlangt.
Waren sie jedoch nachweislich meineidig geworden, so hat dies nie zu einem
Verfahren geführt. (Die Verfolgten von damals darf man heute nicht
wieder verfolgen.) Ihnen wurde und wird vielmehr kritiklos alles geglaubt.
5. Verstocktes, uneinsichtiges Leugnender Angeklagten führt
auch heute in der Regel zu einer Strafverschärfung.
6. Neuere Prozesse verlaufen kaum anders als die Nürnberger Prozesse,
da die Tatund meistens sogar der Täterfeststehen und
nur der Tathergangund das Strafmaß festzusetzen sind.12
Die Hexenprozesse
Sachbeweise zum Beweis der Unschuld des Angeklagten, die von der Verteidigung
eingebracht wurden, wurden nicht zugelassen oder aber völlig ignoriert.
So beeindruckte es die Gerichte z.B. nicht, wenn nachgewiesen werden konnte,
daß die Menschen, die eine Hexe getötet haben soll, noch lebten
- man verurteilte sie dann für andere erfundene Verbrechen. Entlastungszeugen
wurden selten gehört und standen in Gefahr, wegen Unterstützung
einer Hexe selber angezeigt zu werden. Der Verteidiger wurde grundsätzlich
gestellt und mußte ein gottesfürchtiger Mann sein. Sollte er
sich mit dem Angeklagten solidarisieren, so mußte er selber mit einer
Anzeige rechnen. Die Verteidiger waren verpflichtet, die geheimen Geständnisse
der Angeklagten dem Gericht mitzuteilen. Ferner erhielt die Verteidigung
keine Abschrift der Prozeßakten und Dokumente. Sollte sich die Verteidigung,
der Angeklagte oder ein Dritter dazu entschließen, die Hexerei als
solche in Zweifel zu ziehen, so galt dies als das größte Verbrechen:
Haeresis est maxima, opera maleficorum non credere.Anträge
der Verteidigung auf Beweiserhebung, ob es überhaupt Hexen und eine
Hexerei gebe, wurden dementsprechend abgelehnt, da die Tatsache der Hexerei
offenkundig sei und nicht mehr des Beweises bedürfe.13
NS- und Leugner-Prozesse
1. In Verfahren gegen angebliche Täterhat - ob aufgrund von
Einschüchterungen oder mangelnder Einsicht in die Notwendigkeit sei
dahingestellt - bis Ende der 80er Jahre kein Rechtsanwalt einen Antrag
gestellt, materielle Spuren der Tat zu sichern. In Verfahren gegen angebliche
Leugnerwurden die in den Jahren seit 1985 von der Verteidigung vorgebrachten
Sachbeweise bis heute von keinem Gericht der Welt entsprechend gewürdigt.
Selbst im Falle angeblicher Täter werden diese Beweise abgelehnt,vor
allem und ausnahmslos dann, wenn die vermeintliche Tat als solche einer
Untersuchung unterzogen werden sollte.
2. In Verfahren gegen angebliche Täterwurden Zeugenaussagen
von der Verteidigung nur in seltenen Ausnahmefällen kritisch hinterfragt.
Aussagen, die sich durch solches Vorgehen als falsch erwiesen, gelten weiterhin
als belastend und die Zeugen als glaubwürdig. All dies änderte
zudem nicht die Überzeugung des Gerichts von der Schuld des Angeklagten.
So gab es auch hier Fälle, wo den Angeklagten vorgeworfen wurde, Menschen
getötet zu haben, die sich später als quicklebendig herausstellten.
3. Entlastungszeugen liefen besonders in den alliierten Nachkriegstribunalen
Gefahr, von kommunistischen Verbänden wie dem Verein der Verfolgten
des Naziregimes (VVN) unter Druck gesetzt zu werden, indem ihnen bei mangelnder
Willfährigkeit ihrerseits Anklagen angedroht wurden oder indem man
schlicht zur Gewalt griff. Auch von offiziellen Behörden wurden Entlastungszeugen
behindert. So wurde z.B. dem französischen Prof. P. Rassinier, ehemaliges
Mitglied der Resistance und KZ-Häftling, die Einreise nach
Deutschland verwehrt, wo er im Frankfurter Auschwitz-Prozeß für
die Verteidigung aussagen wollte. Andere Entlastungszeugen werden einfach
dadurch abqualifiziert, indem ihnen unterstellt wird, sie wollten den Angeklagten
decken oder seien einfach zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen.
Eine entlastende Aussage kann nach Auffassung deutscher Gerichte nur deshalb
entlastend sein, weil solche Zeugen nichts von den Verbrechen der Angeklagten
wissen. Entlastungszeugen gelten vor bundesdeutschen Gerichten daher generell
als wertlos.
4. Die Verteidigung hatte in den allliierten Nachkriegsprozessen noch wesentlich
geringere Bewegungsfreiheiten als in den Hexenprozessen: Sie konnte keine
Akteneinsicht nehmen, durfte über weite Strecken nicht mit ihren Mandanten
sprechen, waren Reise- und Devisenbeschränkungen unterworfen und erfuhren
die Anklagevorwürfe gegen ihre Mandanten stellenweise erst im Laufe
des Verfahrens. Es konnte ihnen z. B. auch passieren, daß sie beim
Bestehen auf die Einhaltung der Verfahrensnormen eingesperrt wurden.14
Auch heute noch werden Verteidiger von erzürnten Richtern oder von
Anwaltskammern mit Prozessen bedroht, wenn sie zu sehr die Partei des Angeklagten
vertreten, insbesondere wenn es um sogenannte Holocaust-Leugnergeht,
auch wenn dieses Vorgehen der Richter und Anwaltskammern rechtlich nicht
gedeckt ist.
5. Die größte Häresie in unserer Zeit ist ohne Zweifel
das Nichtglauben an den Holocaust (Haeresis est maxima, holocausto non
credere.). Dies hat bei öffentlichen Äußerungen unmittelbar
die Verfolgung durch die Justiz und die Vernichtung der bürgerlichen
Existenz zur Folge. Anträge auf Beweiserhebung über die Realität
bezeugter damaliger angeblicher Ereignisse werden generell abgelehnt, da
die NS-Massenvernichtung der Juden offenkundig sei und nicht mehr des Beweises
bedürfe.
Hexen-Prozesse
Erstaunt war man bei der Erforschung der Hexenprozesse, daß die Aussagen
der geständigen Angeklagten und der Belastungszeugen bezüglich
ihres Inhalts so sehr übereinstimmten. Dies betraf häufig Details
von Ort, Zeit, beteiligten Personen und den Tathergang. Man ging daher
selbst nach Beendigung der Hexenprozesse lange Zeit davon aus, daß
an den in der Anklage vorgebrachten Vorwürfen etwas Wahres dran gewesen
sein müsse. Genauere Forschungen ergaben dann aber im 19. Jahrhundert,
daß diese Dinge einfach zu erklären sind. Zum einen schrieb
der Hexenhammer bis in Details vor, welche Fragen bei Verhören gestellt
werden sollten. Die Art der Prozeßführung mußte außerdem
immer zu ähnlichen Angaben führen. Das Bild der Hexerei schließlich
wurde durch den Hexenhammer und durch viele weitere Schriften ins Volk
getragen. Diese Schriften wurden allgemeiner Kenntnisstand der Bevölkerung,
auch des überwiegend des Lesens und Schreibens nicht mächtigen
Teiles des Volkes, das über die Kirchenkanzeln und über Klatsch
und Tratsch dennoch die notwendigen Informationen erhielt. Somit kann es
nicht verwundern, daß die Zeugenaussagen relativ übereinstimmend
waren. Details über einzelne Verbrechensprachen sich schnell
durch Gerüchte und Tratsch herum, so daß die Übereinstimmung
der Aussagen auch bei Einzelheiten wenig erstaunlich ist. Aber selbst wenn
es in vielen Fällen immer wieder zu unübersehbaren Widersprüchen
kam, so führte dies keineswegs dazu, die Zeugenaussagen bezüglich
der zentralen Aussage 'es war Hexerei' in Zweifel zu ziehen.
NS- und Leugner-Prozesse
1. Die überraschende Übereinstimmung vieler Zeugenaussagen im
Grundtenor gilt heute als Beweis für die Realität der Vorgänge
der angeblichen Massenvernichtung.
2. Daß diese Übereinstimmung aufgrund der totalen Mediengleichschaltung
der alliierten Propaganda nach dem Krieg, die eine tausendfach höhere
Wirksamkeit gegenüber den mittelalterlichen Methoden hatte, nicht
verwundern darf, sollte einleuchtend sein. Das gilt erst recht für
die Prozesse in den Jahren danach, bei denen die Medien und auch offizielle
Stellen wie z.B. Geheimdienste, Justizministerien, Staatsanwaltschaften
und auch private Organisationen geradezu massiv Einfluß auf die Zeugen
nahmen.
3. Die dennoch immer wieder anzutreffenden haarsträubenden widersprüchlichen
Unsinnigkeiten und Unmöglichkeiten in vielen dieser Aussagen kümmern
dagegen niemanden, da die Zeugen sich immerhin in einem einig sind: Es
war!15
Die Unterschiede
Die Unterschiede der neuzeitlichen NS- und Leugner-Prozesse zu den
mittelalterlichen Hexenprozesse liegen vor allem in vier Punkten:
1. Heutige Prozesse richten sich nur gegen Menschen, die in die vermeintlichen
NS-Geschehnisse verwickelt waren oder aufgrund organisatorischer Bindung
im Verdacht stehen, darin verwickelt gewesen sein zu können, und gegen
solche, die Zweifel an der bisherigen Darstellung äußern. Früher
jedoch konnte der Vorwurf der Hexerei wahllos jeden Treffen.
2. Die heute vorgeworfenen Tatensind zumindest hypothetisch möglich,
wenn auch unter wesentlich anderen Bedingungen, als sie beschrieben werden.
Die damaligen Tatenbetreffen den Bereich der Metaphysik und gelten
weithin als unmöglich, auch wenn sie damals für möglich
gehalten wurden.
3. Heute liegt das Schwergewicht der Prozesse nicht mehr darauf, von den
Angeklagten ein Geständnis zu erhalten. Außerdem ist körperliche
Folter in den westlichen Staaten selten geworden. Daher beschränkt
sich die Folter bei den neuen Prozessen fast ausschließlich auf die
Militärprozesse der unmittelbaren Nachkriegszeit. In den Hexenprozessen
war die Folter dagegen zumindest offen angedroht.
4. Das Strafmaß ist heute differenzierter und zumeist wesentlich
milder, wobei man sich darüber streiten kann, ob eine lebenslängliche
Haft angenehmer ist als der schnelle Tod durch Erhängen oder Köpfen.
Die Todesstrafe, oft qualvoll durch lebendiges Verbrennen ausgeführt,
war damals die Regel.
5. Erstaunlicherweise ist die Tendenz, Zeugenaussagen kritisch zu hinterfragen
und für die bezeugten Ereignisse materielle Beweise zu verlangen,
in den mittelalterlichen Hexenprozessen ausgeprägter gewesen als in
den heutigen Verfahren. In den Jahren zwischen 1945 und 1985 hat in dieser
Hinsicht kein einziger Strafverteidiger eine Initiative gezeigt.
Die Parallelen
Die Parallelen zwischen beiden Prozeßarten sind hingegen frappierender:
1. Außerordentliche, einzigartige Bewertung der Straftat;
2. Narrenfreiheit für die Anklage und die Belastungszeugen;
3. Annähernd vollständige Lähmung der Verteidigung und der
Entlastungszeugen. Im Mittelalter durften kaum, heute dürfen gar keine
Gegenbeweise erbracht werden;
4. In beide Fällen gelten die angeblichen Tatkomplexe als offenkundig
und nicht mehr des Beweis bedürftig;
5. Das Bestreiten der Tat gilt als die größte Häresie der
Zeit;
6. Die Ähnlichkeit der Geständnisse und Zeugenberichte im Grundton
gilt als Beweis, Widersprüche und Unmöglichkeiten in Details
werden ignoriert.
Köhler, Prof. Dr. Ernst Nolte: Auch Holocaust-Lügen haben kurze Beine, Cromwell, London 1994; ders., Anm. 12.